Samstag, 27. Dezember 2008

der zerbrochene turm

wieder schreit dies glockenseil nach gott und ich
vernichtet vom klang einer totenglocke
die wenigen schritte über die steine zum kreuz
zu weit / für nackte füße

niemand erkennt mich ich bin unsichtbar ein
schatten und ihre schwankenden leiber
dauern mich - der himmel verzerrt ein
sonnenstrahl der jeden stern / schändet

inzwischen reißen glocken einen turm inzwei
und unter der haut schneiden zungen sich durch das fleisch
meine bis heute vergeudete stimme
mein gott / ich bin nur ein sklave

was bin ich dass ich nicht lebte verrottet
in einer tiefe / tote wege begleiten mich
verstummte gesänge begleiten mich kein weckruf nur
flache echos / die überall zeugen

eine welt zerbrochen zwischen autos zügen flugzeugen
rascher wahn der liebe nicht mehr
als ein luftzug und niemand / wohin ich auch lange
zerweifelt nach einem ort

reden alles reden verwandelt in luft jedes gefühl
ein abgas in der eigenen nase
welche wunden überzieht etwas haut welche sind
an den rändern zerklüftet / wie gitter

blut färbt die leere in mir in der tiefsee
würde es schwarz / wie sonst soll mich erhalten was keine
antwort enthält – nur die sterblichkeit
jede kraft noch die kleinste erstickt sie

doch wessen blutstrom hörte ich in der nacht
meine venen erinnern sich an manche / nicht mehr
als ein gebet das meine brust am morgen am fenster ausrief
halt mich fest /

doch jeder turm im innern ist ohne stein erbaut
nur ein witz / das weiß schon das märchen – ein mantel
der etwas wärmt bis er durchnäßt ist
mein herz es wird stille sein

ich stehe am kreuzweg und vor mir die landschaft
die ich nicht kannte
welcher himmel umhüllt diese karge erde
welches licht leuchtet mir

(nach hart crane)

The broken tower

The bell-rope that gathers God at dawn
Dispatches me as though I dropped down the knell
Of a spent day - to wander the cathedral lawn
From pit to crucifix, feet chill on steps from hell.

Have you not heard, have you not seen that corps
Of shadows in the tower, whose shoulders sway
Antiphonal carillons launched before
The stars are caught and hived in the sun's ray?

The bells, I say, the bells break down their tower
And swing I know not where. Their tongues engrave
Membrane through marrow, my long-scattered score
Of broken intervals... And I, their sexton slave!

Oval encyclicals in canyons heaping
The impasse high with choir. Banked voices slain!
Pagodas, campaniles with reveilles outleaping -
O terraced echoes prostrate on the plain! ...

And so it was I entered the broken world
To trace the visionary company of love, its voice
An instant in the wind (I know not whither hurled)
But not for long to hold each desperate choice.

My word I poured. But was it cognate, scored
Of that tribunal monarch of the air
Whose thigh embronzes earth, strikes crystal Word
In wounds pledged once to hope - cleft to despair?

The steep encroachments of my blood left me
No answer (could blood hold such a lofty tower
As flings the question true?) - or is it she
Whose sweet mortality stirs latent power? -

And through whose pulse I hear, counting the strokes
My veins recall and add, revived and sure
The angelus of wars my chest evokes:
What I hold healed, original now, and pure...

And builds, within, a tower that is not stone
(Not stone can jacket heaven) - but slip
Of pebbles, - visible wings of silence sown
In azure cicles, widening as they dip

The matrix of the heart, lift down the eye
That shrines the quiet lake and swells a tower...
The commodious, tall decorum of that sky
Unseals her earth, and lifts love in its shower.

Der Zerbrochene Turm

- eine kurze Begegnung mit Hart Crane
(* 21. Juli 1899 in Garrettsville, Ohio; † 26. April 1932 in Florida)


Ich erinnere mich an den Golf von Mexiko. Noch nicht ganz Tag. Das Schiff, die S.S. Orizaba, schiebt sich, schwerfällig und mit rußenden Atemzügen über die ruhige See. Es geht zurück, zurück nach Amerika, von Vera Cruz nach New York, und den an Deck Stehenden klingt eine seltsame Stille. Drüben sitzt Ernest an der Reling und fischt. Ich kann ihn mir gar nicht anders vorstellen. Entweder er sitzt hinter seiner großen Angel oder hinter einer qualmenden Pfeife mit südamerikanischem Tabak.
Oder ich sehe ihn als Großwildjäger, der von Löwen träumt. Warum er auf diesem Schiff ist, ich weiß es nicht.

– Beißen sie? rufe ich zu ihm herüber.
– Das werden sie, antwortet er.

Das Lächeln eines inzwischen über Dreißigjährigen. Im Krieg noch freiwillig an der italienischen Front, als Fahrer eines Ambulanzwagens. Nach nur drei Monaten schwer verwundet zurückgekehrt. Jetzt sitzt er da als wäre nichts passiert. Körperliche Wunden verheilen zu leicht. Die Welt steuert auf den nächsten Krieg zu. Und alle wissen es.

Für einen Moment fühle ich mich unwohl, so klein auf dem weiten Ozean. Das Schiff pflügt zu beiden Seiten Wellen, die in ein paar Tagen irgendwo an einen Strand rollen werden. In der Ferne ein dunkler Streifen, vielleicht Land. Und dazwischen diese bodenlose Ebene, unter der, so friedlich, bald die U-Boote kreuzen wie unaufhaltsame Meteore.
Und Hart Crane wird schweigen, mit unendlicher Geduld.

Gerade tritt er, entspannt und ruhig wirkend, an Deck. Sein fester Gesichtsausdruck beeindruckt mich, er tritt an Deck wie ein Denkmal, über alle Dinge erhaben. Ich habe schon einiges über ihn gehört, besonders von seinen sexuellen Vorlieben, seinem Abonnement einer Matrosen-Zeitschrift – doch das sind Dinge, die mich nichts angehen. Mich interessieren seine Worte, seine Werke. Er tritt an Deck in Pyjama und Bademantel. Ungewöhnlich. Es ist Ende April, dreihundert Meilen nördlich von Havanna. Die Sonne steht frühmorgens noch nicht hoch. Der Wind ist kühl.

– Das soll 'n Dichter sein.
Ein Matrose ist an mich herangetreten.
– War letzte Nacht unten im Quartier und hat ganz schön Ärger gemacht. Wollte einen einstecken, doch hat nur Schläge kassiert.
Er lacht.
– Wird ihm vielleicht 'ne Lehre sein.

Der Mann legt seine Hand auf meine Schulter, als würden wir uns schon lange kennen. Ein Gesichtsausdruck, als wollte er sagen, dass man doch nicht Dichter sein kann. Dann schüttelt er gutmütig den Kopf und geht. Ich muss an Cranes Vater denken; der wollte dem Sohn die pubertäre Krankheit, den "poetischen Unsinn" mit gutbürgerlicher Arbeit austreiben. Er selbst war neureicher Süßwarenhersteller und betrog seine Frau. Die Ehe zerbrach nach und nach.
In einer dieser Krisen hatte die Mutter ihren Sohn zur großväterliche Plantage auf Kuba mitgenommen, eine Reise, eine Erfahrung, die den jungen Knaben für immer zeichnen sollte. In seiner eigenen Ausgrenzung, die er schon damals spürte, wurde das Meer zum Symbol einer beinahe grenzenlosen, mystischen Kraft, einer Kraft der Liebe, einer Sehnsucht nach Einheit und verlorener Harmonie. Diese Sehnsucht bestimmte sein Werk, sein Leben.

Neunzehnsechsundzwanzig erschienen die White Buildings, eine Sammlung größtenteils schon veröffentlichter Gedichte. Alle übrigen habe er verbrannt, vernichtet, heißt es. In ihnen findet die Sehnsucht ihren Ausdruck in dunkler, gedrungener Sprache. Eine tiefe Vision der wahren Natur des Menschen, mit dem Meer in ihrem Zentrum, als der menschlichen Natur verloren. Der Dichter selbst steht isoliert in einer materialistischen und kunstfeindlichen Welt, das Leben samt Leid zu einer höheren, künstlerischen Einheit zu verbinden suchend. Doch ihm selbst sollte dies niemals gelingen. So beschreibt er das Meer auch als bedrohlich, und seinen Grund als grausam.

Ich kenne ihn, ich glaube gut, wie er dort steht, hoch über dem Wasser. Mir ist, als sähe ich sein ganzes Leben vor mir. Mit siebzehn publizierte er die ersten seiner Gedichte. Er war nach New York gekommen, in die große Stadt, schloss Bekanntschaften dort, kam bis nach Paris, las und lernte. Seine Worte orientierten sich noch an den französischen Symbolisten und am Imagismus. Doch klingt in ihnen bereits eine eigene Sprache in Anlehnung an T.S.Eliot, den Hart Crane wie keinen anderen verehrte.

Gestern las ich einen Brief von ihm. Darin schreibt er, was für eine fürchterliche Versuchung es sei, Eliot zu imitieren. Es raube ihm die Sinne. Doch gleichzeitig glaubte er, einen Weg erkannt zu haben, sein Vorbild zu überwinden, ihn gleichermaßen zu durchqueren und eine positive Vision im Gegensatz zu Eliots The Waste Land zu entwerfen.
Das war zweiundzwanzig, ein Jahr später begann er die Arbeit an seinem Hauptwerk, das ihn schwierige sieben Jahre lang begleiten sollte, ein Zyklus von fünfzehn Gedichten unter dem Titel: The Bridge.

Seine Arbeit glich zu jener Zeit einem bedingungslosen Stürmen, die Visionen brachen im Rausch in schweren Schüben aus ihm hervor, durch die Wände seines Zimmers klangen die Rhythmen kubanischer Rumbas, vermischt mit dem Schlagen der Schreibmaschine und dem Gestank des Alkohols. Wenn er nach Stunden wieder auftauchte, hielt er in seiner Hand ein paar Blätter, maschinenbeschrieben, bereits korrigiert, überarbeitet, wie aus Stein geschlagen.
Das erste Gedicht trug den Titel The Brooklyn Bridge.

Diese Brücke hatte er von seinem Fenster in New York aus gesehen. Ich bat Jahre später die Vermieterin, unten auf mich zu warten.
– Jaja, schaun se ruhig. Macht 400, zahlbar am ersten, in bar und im voraus. Klingeln se unten, sonst ziehn se die Tür einfach zu hinter sich.

Die Wohnung: leer, kahl und verwaist. In der Tiefe wälzt sich laut und primitiv der Verkehr. Doch darüber, über halb verfallenen dunklen Häusern steht sie, zwischen Manhatten und Broklyn, aus Stahl, Sandstein und Granit. Die Broklyn Bridge. Eine aus dem Wasser ragende Harfe. Sie steht bei Crane für den Brückenschlag schlechthin. Sie hebt sich dem Dichter wie ein Wegweiser aus dem umgebenden Großstadtmilieu und deutet zur, von ihm gesuchten, metaphysischen Sprache des Himmels, die allem bewussten Denken überlegen ist.

Ich ziehe die Tür hinter mir zu.

Mehr und mehr machte der Alkohol dem Dichter in den folgenden Jahren dieses Aufspüren schwerer und schwerer, immer wieder kam es zu größeren und kleineren Katastrophen, zerbrochenes Mobiliar, Schlägereien, Exzesse – immer kürzer wurden die Phasen, in denen er zu arbeiten vermochte. Doch dann waren es wieder diese peitschenden Gewitterschauer, in denen er ganze Gedichte in einem Zug vollendete.

Den Zyklus stellte er am Ende unter großen persönlichen und dichterischen Zweifeln fertig. Zu lange hatte die Arbeit gedauert. Die beinahe mystische Vision, die ihnen zugrundeliegt, eine Synthese aller Rassen und Zeiten Amerikas unter einem dichterischen Brückenschlag, hatte für Crane die Zeit nicht überdauert. Die Gedichte leben in einer hermetischer Sprache und Metaphorik, welche den Sinn nicht festlegt, sondern frei fließen lässt. Doch schon weit vor dem Tag ihrer Veröffentlichung hatte der Zyklus für Crane alle schöpferische Energie verloren.
Nachdenklich, alle Kraft aus ihm gewichen, jede Spannung, jede Fähigkeit seine Gedanken in Worte zu fassen, verloren, sah man ihn häufig schweigen die letzten Tagen.

In Mexiko vollendete er noch sein letztes großes Gedicht. Vielleicht sein bestes. The broken tower. Ein Liebesgedicht, das hin und her schwankt zwischen innerer Zerrissenheit und der Hoffnung auf einen neuen, heilen, inneren Turm, den er doch nie gefunden hat.

Vielleicht, denke ich, ist dies der Weg einer an der eigenen Andersartigkeit zugrundegehenden Seele, der auf dieser Welt jede Stütze verwehrt bleibt.

Nun steht er hinten an der Reling. Er legt langsam seinen Bademantel ab, hängt ihn mit Sorgfalt zusammengefaltet über die Brüstung. Er steht noch einen Moment da, in seinen Augen glänzen die Sirenen des Meeres. Man kann ihn lächeln sehen. Vor ihm liegt das letzte Versprechen seines Lebens.
Dann springt er.

Ein Augenblick – Erstarrung. Dann der Ruf: Mann über Bord! Die Matrosen eilen heran. Der fremde Körper taucht noch ein letztes Mal zwischen den Fluten auf, dann bleibt er verschwunden.

Ich schaue zu Ernest hinüber. Er sitzt ungerührt da, blickt aufs Meer, als ginge ihn dies alles überhaupt nichts an.

– Ab Juli kann man jeden Tag einen Marlin fischen, sagt er.
Und ich weiß, dass er recht hat.

Samstag, 13. Dezember 2008

die kirche verfolgt aus liebe

ich weiß nicht, ob ich das jetzt richtig verstanden habe... die kirche sagt also, wenn ich nicht an den Don glaube und das staatlich-sanktionierte schutzgeld (sic!) bezahle, komme ich gleich nach ende meines sündenhaften, weil humanistischen lebens in die hölle, wo ich ewige qualen (vielleicht privatfernsehen?!) erleiden werde. zur legitimation stützt sie sich auf die übersetzung einer übersetzung eines größtenteils vor über 2000 jahren geschriebenen episodenbuches mit texten der russenmafia aus dem gebiet des heutigen st.petersburg, als man noch glaubte, die erde sei eine scheibe und die frau aus der rippe des mannes geschaffen worden, und sie behaupten, dieses buch sei wahr, weil es direkt vom allwissenden weihnachtsmann persönlich diktiert wurde. im zweiten teil des buches geht es hauptsächlich um einen phantastischen schuldeneintreiber und arzt und tischler und chef de cuisine, der wegen einer gefälschten abstammungsurkunde vom amerikanischen geheimdienst abgemurkst wurde, nach drei tagen im grab als widergänger aber wieder auftauchte und dann mit hilfe eines traktorstrahls von außerirdischen im himmel entführt und nie wieder gesehen wurde. seitdem warten wir auf ihn und den tag des jüngsten gerichts, an dem alle mafiosi freigesprochen und auf die welt entlassen werden, wo sie zusammen mit widerauferstandenen toten zombie-mafiosi und engel alle anderen menschen erbarmungslos abschlachten werden. hm... ja... und warum noch gleich kostete es 24 euro, wenn ich bei diesem verein nicht mehr mitmachen möchte??

Montag, 3. November 2008

ein gespenst geht um

jetzt tanzen sie wieder auf den gängen. jetzt wehen wieder die schwarz rot weißen flaggen über dem römer. die hessischen sozialfaschisten demontieren sich nach einhelliger meinung der beobachter selbst. nach gebrochenen koalitionsaussagen stehen sie plötzlich, nicht einmal mehr als partei, sondern ganz alleine da. statt eines kreuzes für ein ypsilon, machen sie in hessen nun hakenkreuze für den alten brei, den ein koch in seinem stahlhelm braut. diese politik, die sich gegen ausländer, randgruppen, studenten und die natur richtet hätte für drei jahre mit guten argumenten hinters licht geführt werden können. aber am ende der wiesbadener republik kämpft die spd im sturm knapper mehrheiten lieber flügelkämpfe. statt einer annäherung an die kpd, statt etwas macht an die eigenen parteilinken abzugeben, regiert die spielplatzmentalität : wenn ich nicht damit spielen kann, soll auch niemand anderes damit spielen. der aufstieg der nsdap bei den nächsten wahlen, ihr erfolg bei den nicht-wählern, den protest-wählern gegen die linken, den abkehrern, die nun der spd den rücken kehren, all jene, die keine redlichkeit in vier abweichlern erkennen, sondern nur schwäche, werden das eigentliche desaster erst noch kommen lassen. es ist unwahrscheinlich, dass nach der nun erfolgten selbstauflösung der partei ihr stimmenanteil im linken lager verbleibt. während die spd noch ihren schwanz jagd, schnappt der rechte köter den knochen weg. die konsequenz des gewissens ist der aufrechte gang in den untergang. die spd ist tot. ein gespenst geht um, nicht nur in hessen.

Freitag, 31. Oktober 2008

warum nicht?!

alkohol ist ein nervengift. das ist etwa so, als würde ich spülmittel trinken, nur weil ich einen rausch davon kriege. also nicht, dass man mich jetzt falsch versteht, ich will niemandem raten, spülmittel zu rauchen, nur weil ich davon tierisch high geworden bin. kann man das rausschneiden?! ich meine, es gibt bestimmt leute, die probieren das gleich aus. ich will nicht dafür verantwortlich gemacht werden, nur weil andere die selbstheilungskräfte ihres körpers ausreizen. die birne wegbraten geht leichter mit rohrreiniger oder salzgitter. alles nur, weil es sich ein bißchen wie sex anfühlt und sie offensichtlich nicht genug sex haben. der rausch und die enthemmung als lebensentwurf. das ist meine sache nicht. und außerdem ist sex in der öffentlichkeit unsittlich. mir ja egal, was andere menschen in ihren vier wänden machen. meinetwegen sollen sie morgens um acht anfangen und bis nachts um elf durchsaufen, um dann in einen tiefen dumpfen schlaf zu fallen. und wie man am wochenende und auf jahrmärkten sieht, hält nur die arbeit die menschen davon ab, dies auch zu tun. die rolle der hölle als sittlichkeitswächter hat heute die angst vor dem verlust des arbeitsplatzes eingenommen. die einzige, die letzte stellschraube des gewissens. alkohol macht die birne weich wie gelee, inclusive langzeitfolgen. ich bin da lieber gehemmt. ich hänge da lieber meinen gedanken nach, bis ich meine hemmung ablege, weil ich unter uns bin. du und ich. und dann der moment, an dem wir den ganzen ballast der kultur nicht mehr brauchen. das ist mir droge genug.

Freitag, 24. Oktober 2008

die schönheit ist eine frau

Nur noch eine Stunde bis zu meinem Date – und jetzt das!

Zwei Stunden bin ich durch meine Wohnung gerannt, habe hundert meiner Lieblingsoutfits mit meinen hundert Lieblingsschuhen kombiniert, bis endlich neben allen mir bereits leidlich bekannten Problemzonen auch jene kaschiert war, von der ich erst letzte Woche in einem Frauenmagazin gelesen habe: das Kinn! Stehe seitdem jeden Morgen im Bad, schlage mit zwei Fingern wie eine Bekloppte gegen meinen Hals und hoffe, dass mich niemand beobachtet...

Also noch eine Stunde, denke ich. Ein letzter prüfender Blick auf Heidi. Die steigt irgendwo in einem hippen Vorortviertel von New York zwischen Wolkenkratzern aus einem Taxi, graziös wie eine Grazie, nach einem langen harten Arbeitstag perfekt gestylt. Wie macht sie das bloß?!

Ich trage fast identische Stilettos, ja, lächle eben noch durch meine Ralph-Lauren-Sonnenbrille, fühle mich toll! Auch wenn es in Bremen mal wieder regnet und nach dem Shopping am Wochenende noch ein langer, entbehrungsreicher Monat vor mir liegt. Egal! Ich summe einen Song von Melissa Etheridge, gehe ins Bad, trete vor den Spiegel, und dann das!

Aus dem Spiegel lächeln mir gequält die Schäden eines acht Stunden Tages entgegen: matte Augen, eingefallene Wangen und – sind das etwa erste Anzeichen von Tränensäcken?!

Ich fühle Panik in meinem Bauch aufsteigen. Als wenn der nicht schon groß genug wäre... Dabei sollte doch heutzutage jede Frau alles erreichen können, wenn sie nur will: Merkel fällt mir ein und ... und ... Mist! Aber es gibt schöne Frauen, die etwas erreicht haben, da könnte ich Hunderte aufzählen. Für schöne Frauen ist ja alles leichter!

In meiner Vorstellung bewege ich mit der rechten Hand einen Mauszeiger über den Spiegel. Mit zwei Mausklicks sind die Schluchten unter meinen Augen verschwunden, ich helle meinen Taint zwei Stufen auf, nein, besser drei, entferne die Leberflecke, über die die Jungs in der Grundschule schon gelacht haben, und wo ich schon mal dabei bin, schnell noch mein Kinn, diese "Problemzone für Frauen mittleren Alters", schon ist es runder. Da kann ich meinen Termin beim Chirurgen ja wieder absagen...

Ähm... Musste es diesen Herbst runder oder doch eher symmetrischer sein? Oscar Wilde sagte, Mode sei so unerträglich hässlich, dass wir sie alle Halbjahre ändern müssen. Vielleicht hat mein Busen ja dann im Frühjahr schon die richtige Größe... Ich schaue auf die Uhr. Eine halbe Stunde – ich muss mit den Phantastereien aufhören!

Wie ein Malermeister in einem Altbau mit Stuckverzierung trage ich in meinem Gesicht Schicht um Schicht Farbe auf. Zuerst den Concealer, dabei bemerken: Auch schon lange nicht mehr bei der Microdermabrasion gewesen... Schnell Puder und Rouge... Etwas mehr Farbe an den Augen heute, diese Augenringe – bringe Lidstrich und -schatten in farblichen Einklang mit meinem Rock. Fast bin ich wieder sechszehn, meinem damaligen Vorbild Claudia Schiffer nacheifernd. Als die zu alt wurde, wurde sie durch ein jüngeres Vorbild ersetzt. Jetzt erst fällt mir auf, dass das die Sache nicht gerade einfacher macht...

Was für einen Bauch die Heidi trotz ihrer drei Kinder noch hat. So einen Bauch hatte ich nicht mal, als ich selbst noch ein Kind war... Dafür habe ich mehr Erfahrung im Malen als ein Malermeister mit 30 Jahren Berufserfahrung... Aber besser als den ganzen Tag zu stricken. Weder mein Date, noch mein Chef würden das bemerken. Wenn ich hingegen umwerfend aussehe...

Argh! Die Falten zwischen meinen Augenbrauen bringen mich zur Verzweiflung! Immer wenn man mal Botox im Haus braucht, ist gerade keines da.

Mein Date wartete bestimmt schon. Er braucht sich nicht drei Stunden vorm Spiegel, um Humor zu proben... Männer – wenn sie schön sind, sind sie entweder vergeben oder fliegen als Astronauten gerade zum Uranus. Naja, hauptsache sie sind so reinlich, dass sie einmal am Tag das Wort 'duschen' zumindest ansatzweise denken, denke ich. Im Grund wird ein Mann doch erst richtig attraktiv, wenn er sich drei Tage nicht rasiert oder gewaschen hat, denke ich. Das ist wie mit altem Käse, der an Charakter gewinnt. Differenz nennt man das heute. Die Schöne und das Biest. Das Phantom und die Oper. Edmund und Karin Stoiber. Oder umgekehrt.

Oh, so spät schon!

Ich haste so schnell die Stilettos es zulassen die Treppe hinunter, nehme ein Taxi, bitte den Fahrer gleich, er möge doch etwas schneller fahren... Er schaut mich von oben bis unten an und schnauft dann: "Immer schön langsam mit den alten Pferden". Dann fährt er los, so langsam, dass ich in der Zeit zwölf mal auf meine Uhr schaue. Heidi Klum wäre das nicht passiert...

Sonntag, 19. Oktober 2008

geldungssüchtig

"Verfüge nie über Geld, ehe du es hast." - Thomas Jefferson (1743-1826)

in letzter zeit ist viel von schmetterlingen die rede. die leben im land der unbezahlten kredite und fressen die grünen baumwollfäden aus den geldscheinen, so heißt es. seitdem herrscht chaos bei jenen, die dieses geld ernten wollten. davor hat großmutter uns immer gewarnt. wer den pfennig nicht ehrt, hat sie gesagt, die große depression ist für sie noch mehr als ein besuch beim psychiater, und wir haben den nötig, weil wir schon bei der t-aktie nicht gemerkt haben, dass da irgendetwas faul ist. aber der krug geht eben so lange zum brunnen, bis er bricht. aus pfennig wurde cent und aus dem dollar ein taler der tränen, und für das geld, das nun in zwei wochen vernichtet wurde, muss großmutter eine ganze weile stricken. doch während wir hier hektisch anteile verkaufen und dort fondanteile streichen, bleibt sie ganz ruhig. geld macht nicht glücklich, sagt großmutter entspannt in ihrem schaukelstuhl. aber warum sonst bürgt der staat für das ersparte der bürger mit jenem geld, das die bürger nicht gespart haben? fragen wir. da weiß oma auch keine antwort. und in unseren träumen besteht frankfurt plötzlich nur noch aus kartenhäusern und die straßen sind voller schmetterlinge. ganz schöner sturm da draußen! großmutter aber liegt ruhig in ihrem bett, ertastet ihren sparstrumpf unter der matraze und träumt von all den schönen sachen, die sie sich eines tages davon kaufen wird.

Dienstag, 14. Oktober 2008

ich merke, dass ich wieder vermehrt zeit auf dem klo verbringe (friederike schreibt, es wäre wie das auspressen einer sehr harten zitrone), doch bei mir ist es der einzige ort, an dem ich in ruhe die letzten ausgaben der zeit lesen kann. in meiner wohnung finde ich überall zeit und ort für kultur, da ich kultur als den eigentlichen progress der humanistischen evolution betrachte (sic!), ist . dabei habe ich mich gefragt, ob die entstehung des desinteresses zum medium fernsehen den exodus der kultur aus diesem medium begründete oder ihm folgte. wenn ehrenpreisträgern des mediums fernsehen erst während der preisverleihung auffällt, dass der preis von sendern verliehen wird, die man schon seit jahren bewußt nicht mehr schaut, was ist dann passiert? kultur, im sinne von hochkultur, war schon immer ein fall für den elfenbeinturm. kanonbildung erfolgt unter ausschluß der öffentlichkeit, vor allem unter ausschluß des zeitgeistes, da herausragendes nur unter einbeziehung des faktors zeit im vergleich zu anderen werken seiner zeit heraussticht. die nutzbarmachung neuer medien erfolgt unter ausschluß jener alten mediennutzer, die alten medien mehr nutzen und kultur zusprechen können. neue medien bieten so, in verbindung mit den mechanismen der marktforschung, allein raum für die jugendkultur. auf die frage : muss fernsehen kultur haben? kann also einfach die antwort folgen, dass selbstverständlich der jugend ein forum gegeben wird. das problem ist nur : der geist wächst an seinen aufgaben. wenn die verantwortlichen das fernsehen als medium des abschaltens begreifen,

Samstag, 11. Oktober 2008

haiderdaus

es wäre natürlich schön gewesen, wenn die österreicher sie abgewählt hätten... aber damit kann ich auch leben.

die blanko-diktatur (war bankophil)

wenn ich einer bank geld schulde, und diese bank geht bankrott, dann geht mein kredit an den insolvenzverwalter über und ich bin so arm wie zuvor. aber wenn die bank mir geld schuldet, ich also große summen angelegt habe oder auch kleine, und irgendein franzl macht dann in luftige hypotheken und alle erdnüsse sind futsch (sagt herr verarschermann), dann kann ich durch die bank sagen, da komme ich mir doch ein wenig verarscht vor. in fünfzig jahren gibt es keinen einzigen (eßbaren) fisch mehr in den weltmeeren. eine 700 milliarden spritze zur rettung der weltmeere oder des klimas? nein, alles worum bankmanager und wallstreetgrößen fürchten müssen, sind ihre jobs. was letzthin kein problem ist, da sie ihr geld vermutlich in sparbüchern angelegt haben. statt manager und bankangestellte mit persönlichem reichtum haften zu lassen, verpflichten sich die g7 länder selbstverständlich staatliches kapital in ausreichender menge zur verfügung zu stellen. das ist schön, vor allem da der staat ja überhaupt kein eigenes kapital erwirtschaftet. oder haftet nun herr steinbrück mit seinem persönlichen kapital?
am ende kann ich nur froh sein, dass ich nichts habe. dass ich seit jahren kein geld habe und auch in jahren noch kein geld haben werde. banken interessieren mich null. mich interessieren die weltmeere, in denen wir bald alle nur noch kleine fische sind.

Freitag, 5. September 2008

die auswechselbarkeit des wortes

texte können selbstverständlich beliebig sein (schlechte texte), texte können auch exakt sein (gute texte), aber exaktheit ist letzthin selbst nur beliebig. auch freunde und beziehungen sind letzthin beliebig (siehe Die Zeit 37, 4.9.08). alles andere zu behaupten, bei wort oder freunden, hieße, ein fatum zu konstruieren, und da würden die probleme erst richtig anfangen.

die austauschbarkeit eines wortes mindert nicht dessen wert. ein text ändert sich, ein assoziationsraum, eine intonation. doch zur beurteilung < gut / besser > ist eine vergleichsmöglichkeit notwendig, die niemals existiert, da die möglichkeiten der ausformung von gedanken unendlich sind. wittgenstein spricht auch von "familienähnlichkeit". ebenso anwendbar auf partner, gesellschaft, welt etc. dass alles ist wie sie ist, macht es nicht schlechter oder besser. auch wenn es anders sein könnte.

Freitag, 22. August 2008

zwei asse

perfektionismus hat einen hang zum messie-anischen. mein verstand schult sich scharf an den papierbergen, den bücherbergen, den leergutbergen. ohne einen paparazzi-gott ist es leicht, ein gutes leben zu predigen und keines zu führen. im 21. jahrhundert kann es selbstverständlich keine guten politiker mehr geben. das beste ist es, den ganzen tag nach vorne zu schauen und den müll im rücken einfach zu ignorieren. denn entweder es wird nichts passieren, oder es wird sich schon jemand darum kümmern. wasser sickert von irgendwo ein? das wird so schlimm schon nicht sein. das verwandeln wir einfach in wein usw.

Mittwoch, 20. August 2008

die siebzehnte zane

die sache mit den olympischen disziplinen ist eine heikle. alle vier jahre werden die sportarten, die bei olympia vertreten sind, neu ausgehandelt. es geht um renommee, geld und natürlich um mediale wahrnehmung. so interessiert sich seit 1921 kaum noch jemand fürs tauziehen, weil da keine medaillen mehr zu holen sind (außerdem kamen kurzfristig haubitzen groß in mode). in diesem jahr hat es im radsport das bahn-zeitfahren erwischt. da wird also bald niemand mehr steroide für nehmen. dafür kommen aber auch immer wieder neue wettkampfarten hinzu. da wären in peking zum beispiel verschleppung und folter zu nennen (da machen sich vor allem die amerikaner hoffnung auf eine medaille). ein highlight der spiele wird aber auf jeden fall der mit mit spannung erwartete und mit mehr als 5000 athleten auch größte wettkampf der spiele : das exekutieren. hier hat china bereits vor vielen jahren die weichen für eine goldmedaille gelegt und sich auch richtig ins zeug gelegt, diesen wettkampf beim IOC durchzuboxen. herrn rogge werden als ausgleich die demonstrationssportarten kinderprostitution und organhandel vorgestellt. leider nicht olympisch bleiben die tibet-befreiung und das tian'anmen-massaker, letzteres weil dieses bereits vor 20 jahren ein medialer gassenfeger war und anzunehmen war, dass dies schwer zu toppen sein würde. eine enttäuschung mußten die veranstalter aber leider einstecken: wenig erfolgreich verlief die ebenfalls neue disziplin demonstration: keiner der 76 athleten schaffte die qualifikation. aber eines sei den chinesischen machthabern gesagt : die pressefreiheit wird obsiegen! die werden wir demokraten uns von niemandem auf der welt nehmen lassen! aber die ganzen schrecklichen ungerechtigkeiten in china wollen wir heute mal vergessen : wir wollen uns lieber auf den sport konzentrieren!

Montag, 11. August 2008

der tod heißt 100.000.000 mal kalaschnikow

einer der vier gesellschafter von heckler & koch ist ein waschmittelfabrikant. das ist nur konsequent. no compromise in quality. 700 mitarbeiter sind verantwortlich für 7 millionen g3, die sich im umlauf befinden. ein paar davon sind plötzlich in georgien zu finden. der wahlspruch - “keine kompromisse! und keine gefangenen!” - spiegelt die selbst auferlegte verpflichtung wider, die überall auf der welt mit dem gütesiegel "death is a master from germany" verbunden wird (unsere augen sind blau. nimm seife für dein aschenes haar, sulamith, du heldin der sozialistischen arbeit). wir brauchen also nur sprengstoff, entfernen die seife und schon haben wir eine gefährliche bombe. über 130 jahre qualitätsprodukte zum waschen, reinigen und für die körperpflege, und (vorsicht, makaber:) alles aus einer hand! ich finde: da kann man schon mal ein bißchen stolz auf sich sein. auch wenn man kein hochdeutsch kann.

Sonntag, 10. August 2008

emanzipation jenseits der wechseljahre

«Eine Frau, die als so schön wie Helena gelten will, muss dreißig körperliche Eigenschaften an sich haben: je drei weiße, schwarze, rote, lange, kurze, schwellende, feine, enge, weite und kleine. Weiß seien die Haut, die Zähne und das Haar, schwarz die Augen, die Scham und die Brauen, rot die Lippen, die Wangen und die Fingernägel, lang sei der Körper, das Haar und die Hand, kurz müssen die Zähne, das Ohr und der Fuß sein, ausladend die Brust, das Gesäß und die Augenbrauen, eng die Scham, der Mund und jede straffe Stelle, schwellend der Mund, der Hintern und der Schoß, fein die Finger, das Haar und die Lippen, klein seien die Nase, die Brustwarzen und der Kopf. Da keine oder kaum eine Frau alles das an sich hat, kann keine für wirklich schön gelten und taugt keine etwas.»


sagen wir es mal so: wir müssen alle mal. die einen müssen sterben, die anderen müssen aufs klo. beides sollte uns nicht peinlich sein. ob es ein furzen oder ein plätschern ist. ob es ein stöhnen oder ein ins gras beißen ist. die anatomie des menschen gibt uns wenig raum für improvisationen. neulich konnte ich im zug ein gespräch zwischen zwei männern belauschen. "meine frau ist ein engel." sagte der eine. - "hast du ein glück", sagte der andere, "meine lebt noch."

laut dogma der katholischen kirche sind sämtliche engel geschlechtslos, sie müssen auch nicht scheißen, dennoch werden engelhafte eigenschaften hauptsächlich frauen zugeschrieben. interessant ist, dass engel dennoch durch die bank männliche namen haben. viel spass kommt im himmel nicht damit auf. "i'm as anatomically impaired as a ken doll." sagte einst der metatron. und der erzengel gabriel sagt: "gott ist meine Stärke".

in der kirche gibt es nicht viel raum für frauen. man könnte sagen, es werde viel männliches protzgehabe demonstriert. so ist es immer gut, einen mann im haus zu haben. während die frau bei der menstruation so unrein ist, dass sie sieben tage lang in jedweder beziehung von aller welt gemieden werden muss, wird in der verbindung zwischen vater und sohn blut in mengen vergossen und sogar getrunken. sämtliche vom männlichen differenten eigenschaften der frauen werden von den männlichen göttern repräsentiert. da wird gelitten und beschützt, geschaffen und ernährt. maria bleibt nicht mehr, als eine art asexuelle gebährmaschine am rand zu stehen.

gabriel regiert derweil wieder über das paradies, er sitzt zur linken gottes und ist im gesundheitlichen bereich für die aktivierung und reinigung der ausscheidungsorgane zuständig. gut so. dass gott ihn da in seinem glauben bloß nicht im stich läßt...

in der kunsthalle bremen findet diese art der transzendenten fürsorge im untergeschoß statt. an der treppe, die neben dem eingang hinunterführt, prangt ein symbol, bei dem das toilettenmännchen zweifellos drei zentimeter größer ist als das weibchen. das ist im ersten augenblich nicht verwunderlich. bei den meisten spezies ist das männliche größer und stärker als das weibchen. vor 7000 jahren kam es durch veränderte umweltbedingungen und daraus folgenden vermehrten kriegerischen auseinandersetungen zu einer, das stärkere männliche geschlecht favorisierenden neuordnung der gesellschaften. männliche erbfolge, männliche anführer, männliche kadenzen.

bis heute wird männlichkeit in erster linie mit tapferkeit, rationalität und stärke assoziiert. das symbol für männlich, der runde schild hinter dem ein speer (oder ein phallus mit widerhaken) hervorragt, steht auch für eisen und den kriegsgott mars. wohingegen kupfer ein relativ weiches metall ist, gut formbar und zäh. frauen eben. symbole bedingen einander, sie stellen assoziationsräume zur verfügung, welche gesellschaftlich weitergegeben und unhinterfragt übernommen werden.

nach 7000 jahren läßt sich die indogermanische sprachfamilie an ihren grammatikalischen wurzeln kaum noch ändern. so werden frauen bei männlichen begriffsbezeichnungen einfach mitgedacht und eine sprachliche gleichstellung, von komplizierten schreibungInnen abgesehen, ist auch auf lange sicht nicht zu erwarten. im arabischen wird sogar in der zweiten person singular zwischen männlich und weiblich unterschieden, so heißt es enti für du (frau) und enta für du (mann). eine gedankliche gleichstellung der geschlechter im direkten kontakt ist da ausgeschlossen.

weibliche entitäten werden in der türkei vermehrt in hasemas beim baden gesichtet, also scharia gefällige badekleidung, die nur gesicht, hände und füße frei lassen. an freiheitsliebende europäer gerichtet sagt naciye kaya: „meine kleidung und meine lebensphilosophie werden nicht durch meinen mann, sondern durch den islam bestimmt.“ schön und gut. sie übersieht dabei leider nur, dass ihre religion zwar nicht von ihrem mann, aber von anderen männern, von männlichen propheten und männlichen imamen usw bestimmt wird.

johannes paul II. erklärte 1994 verbindlich, dass die katholische kirche selbstverständlich keinerlei vollmacht besitze, frauen zu priestern zu weihen. auch wenn es in der bibel keinen passus, der dagegen spricht, gibt, wurde ihnen damit nicht nur erneut der zugang zum priesteramt verwehrt, sondern darüberhinaus auch jedwede diskussion über dieses thema generell unterbunden. dabei wären frauen durch ihren gewohnheitsmäßigen umgang mit blut prädestiniert für diese aufgabe. den wein könnten sie statt mit einer oblate mit einem tampon an die gläubigen weiterreichen.

es gibt keine symbolische entsprechung der frau in den kirchlichen zeremonien. sie ist und bleibt die sünderin, die versucherin, welche die männliche schwäche der wollust mit kurzen röcken reizt, weshalb sie sich verstecken muss hinter schwarzen tüchern, dass gerade nur ihre augen unverdeckt bleiben. alternativ kann sie sich auch hinter dem herd verstecken. die deutungshoheit verbleibt in jedem fall beim drei zentimeter größeren mann.

denn wie soll sich der umgang mit dem objekt frau ändern, wenn sogar frauen diese klischees bedienen. so wird johanna hey, eine erfolgreiche geschäftsfrau "allein unter männern" von einer journalisten der faz 2008 knapp charakterisiert, sie zähle zu den "renommiertesten steuerrechtlern des landes. und auch zu den telegensten." während die beschriebene, die beim kommen und gehen hektisch mit den pumps klackere, oft „man“ sage, wenn sie „ich“ meine: „Man hat als Frau objektiv keine Nachteile, solange man keine Kinder hat“, so hey.

also ist doch alles halb so schlimm? als frau muss man sich einfach nur den gegebenheiten anpassen und alles wird gut. den gegebenheiten, der religion, dem mann. drei zentimeter sind immerhin drei zentimeter. am ende bleibt alles beim alten und eine frau, die zwar erfolgreich ist wie ein mann, die keine kinder kriegt, nicht menstruiert usw, aber nicht schön ist, taugt einfach trotzdem nichts. so ist das eben. die regeln machen ja nicht wir. der mann ist drei zentimeter größer, und die frau ist gefälligst schön. so oder so.

Freitag, 8. August 2008

außer chinesen

und überall auf der welt herrscht frieden. die völker reichen sich die hände. dieser blog ist so politisch, dass er von allen menschen der welt gelesen werden kann. alle chinesen tanzen. ganze landstriche von tänzern sind entvölkert, um in den steppen des tarimbeckens das gesicht ihres führers, nur von satelliten aus sichtbar, zu tanzen. seine riefenstahlblaue mütze besteht aus eins komma zwei millionen landarbeiten, männern wie frauen, die lustig mit ihren mützen winken, dankbar für die große ehre, aus freien stücken dem wohle der weltgemeinschaft zu dienen. für das feuerwerk in kaukasien wurden zehn millionen frauen abbestellt, die salpeter, holzkohle und schwefel in weidenkörben auf ihrem rücken über den himalaya trugen. dabei verteilten sie en passant aufkleber mit smilies an die tibetanische bevölkerung und winkten. vierzig milliarden menschen bewunderten nach vorsichtigen chinesischen schätzungen dieses spektakel. die meisten davon in den letzten 60 jahren seit der kulturrevolution hingerichtet und nur per satellitenschaltung zugeschaltet. aber die freudenfeuer im kaukasus waren auch für sie nicht zu übersehen. salve reihte sich an salve und von russischer seite antwortete man ebenso enthusiastisch. dabei waren viele der schüsse vorher aufgezeichnet und moskau wartete nur auf den richtigen zeitpunkt, um alles ins rechte bild zu rücken. um sechs uhr dreißig (mesz) war es dann soweit. der dalai lama entzündete für viele völlig überraschend in gestalt eines bären das olympische feuer. von überall wurde ihm zugejubelt. happiness is mandatory, citizen. mao is your friend. und alle roten chinesen fliegen hoch.

Mittwoch, 6. August 2008

spuren von selbsterkenntnis

wir sind genau dann glücklich, wenn wir wissen, dass wir alles haben könnten, aber nichts haben brauchen. viele religionen und gesellschaftsysteme sind daran gescheitert, dass sie versuchten, den ganzen schritt zu erzwingen : dass der mensch nichts sei und auch nichts sein wolle, dass er nichts besitzen wolle, dahin wollten sie ihn erziehen und ihm frieden geben, dass er ablasse von dem wollen, von der macht, von dem herrscherwillen über die welt. denn natürlich will er besitzen, gerade das unerreichbare, gerade jenes, in die leere des glücks gerissene, das scheinbar so präsent im innern des menschlichen körpers scheint, dass es physisch beschreibbar wird. der schöne mensch, das schöne buch, das elektroauto - alles vorstell- unerreichbare geht in uns um, und wir hören seine schritte nacht für nacht, fühlen sein klopfen in unserem bauch, hören sein flüstern in unserem ohr. doch was ist uns geholfen, wenn wir ihm nachgeben, wenn wir haben, was wir haben könnten, wenn wir macht verspüren gegenüber menschen, die sich uns untertan machen? wir sehen andere menschen, wir sehen andere dinge, wir müssen die stromrechnungen begleichen. diese zwänge sind inhärent, sie zu leugnen hieße, das mensch sein zu leugnen. auch wenn einer an der spitze der ganzen welt stünde, würde ihn der mond verhöhnen, mit seinem roten gesicht. auch wenn er alles besäße, was menschen je erschufen, sein verlust am ende des lebens wäre der größte verlust, den je ein mensch erlebte. aber es ist möglich, so viel weiter zu gehen, als das verlangen ermöglicht. ich vermag das verlangen zu akzeptieren, das in mir drängt, in dem sinne, wie ich mein leben akzeptiere. plötzlich bin ich ein leben, das ein verlangen hat, kein leben, das einen anderen menschen hat, das ein auto hat oder das macht, ich lebe verlangend und kann dieses verlangen in meine existenzform mit aufnehmen, wie ein auto passagiere in sich aufnimmt, wie ein staat menschen in sich aufnimmt. das auto ist auto und auto genug. der staat ist staat und staats genug. ich könnte alles haben, doch ich bin glücklich damit, dass ich es nicht brauche, weil ich ja das gefühl habe, alles haben zu können. das füllt mich aus mit liebe.

Freitag, 1. August 2008

um die eckkneipe gedacht

es muss also gerechtigkeit herrschen. das sehe ich ein. laut marx ist die macht grundlage des rechts und nicht die moral. ich denke, josef ackermann weiss das. ich denke, in italien gibt es auch jemanden, der das weiss. wenn herrn wiedeking ein verdienst von 100 millionen euro im jahr gewährt wird, darf das natürlich niemandem verboten werden. auch niemandem, der jetzt hartz IV erhält. das versteht sich von selbst. aber wenn die 11.700 mitarbeiter 10.000 euro im jahr mehr bekämen, vielleicht wären sie dann nicht mehr so motiviert? so bleiben es mitarbeiter, "die stolz darauf sind, bei porsche zu arbeiten. deren antriebsmoment nicht das geld ist, sondern die leidenschaft." (zitat ende) dieses mitarbeiterverständnis sollte sich jede deutsche firma herausnehmen. also: wenn nichtraucher nicht rauchen dürfen, darf man natürlich rauchern dieses recht ebensowenig verwehren wie umgekehrt. warum also immer dieser streit ums recht? ist es nicht vielmehr so : wie es die npd gibt, so muss es auch raucherkneipen geben? auch wenn ein richterspruch nur für berlin und baden-württemberg gilt, so zieht doch gerechterweise der glimmstängel einen tag später in hannover ein. und wem das nicht paßt, der kann seine millionen ja in liechtenstein versteuern.

Donnerstag, 24. Juli 2008

voll tanken

kennedy ist also tot. was sagt uns das? politik wird in den köpfen der menschen entschieden. ob sie beim volk ankommt oder nicht, entscheiden nicht wir, sondern andere. es sei das allerwichtigste, sich große freiräume während des tages zu schaffen, damit man einfach nur nachdenken könne, sagt meine oma. wenn ich in der protestkultur der 80er aufgewachsen bin und noch heute die gesellschaftspolitischen ansätze der grünen unterstütze, haben sie dann einfach nur eine gute show gemacht, bunte luftballons in großen hallen über den häuptern der himmelsstürmer verstreut oder kugelschreiber unter einem gelbgrünen sonnenschirm, samstag vormittag in der city? letztendlich habe ich mein leben in gewissen grenzen arrangiert, den gesundheitswahn habe ich reduziert, ich esse käse und gehe nicht mehr so oft joggen, ich nutze die möglichkeit, noch einmal zu studieren, meine bildung zu erweitern, während in meinem umfeld bereits in die sozialkassen einbezahlt wird, fast 50 prozent wie jeder sagt. von morgens früh bis abends spät läuft mein computer, und ich mache mir keine gedanken darüber, woher nun der strom dafür kommt. mein horizont reicht nicht bis zur kennedystraße. das leben der dortigen zuwanderer ist von meinen idealen so weit entfernt, wie ihre heimatländer von meinem stromfressenden kühlschrank. doch ich brauche meinen kühlschrank, gerade bei diesem wetter. (und gestern im supermarkt sah ich einen schwarzen, der schwitzte wie ein schwein.) was aber hat wahlkampf mit den menschen zu tun, zu denen er spricht? brummte unser volksmotor in den letzten jahren, weil herr schröder einen tag früher als geplant seinen goldenen löffel abgab, oder hatte er doch recht und die fußball-wm boomte uns bis vor ein paar wochen? ich habe nachgeschaut, vor einem jahr habe ich nur 20 cent weniger pro liter an den zapfsäulen bezahlt, es kommt mir aber vor, als wären es 50 cent gewesen. natürlich tanke ich nicht nur einen liter, und wenn 100 km gefühlt vier euro mehr kosten als einen, dann wünscht man sich schon mal, die luftballons vor der siegessäule wären mit erdgas aus russland gefüllt. eines tages wird obama auch tot sein. was sagt uns das? dass utopien nie schnell genug umgesetzt werden, um den menschen zugute zu kommen, die sich letztendlich bei wahlen für sie entscheiden. darum ist es gefährlich, wenn die massen rufen: yes, we can! denn wozu brauchen wir die politiker noch, deren eine stunde heiße luft 250 millionen kostet? die entscheidungen treffen ein haufen sehr kluger leute, glaubt er, die zehnmal mehr über bestimmte sachthemen wüßten als sie. 45 millionen mal volltanken bitte!

Sonntag, 20. Juli 2008

kyoto ist eine hexe

die zauberinnen sollst du nicht leben lassen, sagte luther 1545. damit übersetzte er die bibel in seinem sinne, dass dem aberglauben vorschub zu leisten sei mit drakonischen strafen, und der aberglauben, wie schon im paradies, vom weibe ausginge. dass es sich um einflüsterungen des teufels, also um bünde handelte, entwickelte sich nach veröffentlichung des hexenhammers im jahre 1486 erst langsam im weltlichen bewußtsein. somit entwickelte sich im sinne des damaligen weltverständnisses ein probates mittel, dem wirken des teufels in allen, die ordnung der welt in frage stellenden dingen, seien es ketzer, seuchen oder wetterkapriolen, entgegenzuwirken. sie verabreichen tränke und beschwörungen, sagte luther, um hass hervorzurufen, liebe, unwetter, alle verwüstungen im haus, auf dem acker, usw. die gemäßigte rechtspraxis der hansestadt bremen verhielt sich dabei den übrigen hansestädten konform, in denen ein eher geringes aufkommen von hexenprozessen nachweisbar ist, zum einen da der lebensstandart in den hansestädten relativ hoch war, zum anderen da die gerichtsordnung vorsah, lieber 100 schuldige laufen zu lassen, als einen unschuldigen zu richten. und das misstrauen gegenüber beweismitteln die zauberei betreffend, war beim bremer rat eher groß. 1610 wurde die 1528 gegründete freie lateinschule um ein gymnasium illustre erweitert, welches die stadt in einem weiten einzugsbereich als hort der wissenschaftlichkeit bekannt machte und viele gelehrte anzog. aber erst ab 1968 war das 1857 zum alten gymnasium gewordene refugium der gelehrsamkeit auch von frauen zu betreten. das am 11. dezember 1997 beschlossenes zusatzprotokoll zur ausgestaltung der klimarahmenkonvention trat 2005 in kraft. es beinhaltet die reduzierung der treibhausgase um durchschnittlich 5,2 % gegenüber 1990. von der klaren mehrheit der wissenschaftler wird die hypothese vertreten, der so genannte anthropogene treibhauseffekt werde in den nächsten jahrzehnten und jahrhunderten eine weitere globale erwärmung und damit einen klimawandel bewirken. das klimamodell CCSM 3 liegt heute allen berechnungen zugrunde, die das wetter von morgen bestimmen. doch die antarktis ist heute im schnitt acht grad kälter, als von den klimamodellen vorhergesagt. es wird jedoch weiterhin nur ein einziges erklärungsmodell weltweit diskutiert. im januar 2007 wurden drei frauen in osttimor samt ihrer häuser als hexen verbrannt.

Montag, 14. Juli 2008

Punkt Absatz

Bourdieus Begriffe vom Habitus und der symbolischen Gewalt angewandt auf den hochhackigen Damenschuh

Absätze waren ursprünglich ein Zeichen von Wohlstand. Im 16.Jh. trug der europäische Adel Absatz, da dieser einen Vorteil beim Reiten mit Steigbügel bot und die Schuhe vor Schmutz schützte. Im Orient wurden die ursprünglich flachen Sandalen bereits im 4. Jh. mit Holzkeilen unterbaut, um den sozialen Stand der Frauen zu dokumentieren. Sie waren „von hohem Stand“.

Erst gegen Ende des 19.Jh. begann durch industrielle Fertigung das in weiten Teilen der Gesellschaft verbreitete Einheitsschuhwerk abgelöst zu werden. Die nun außerdem kürzere Röcke tragende Frau entdeckte im Damenschuh ein modisches Accessoire, das ihre feminine Seite und besonders den Frauenfuß betonen sollte. Was bis dahin höheren Schichten vorbehalten war, wurde nun auch unteren Schichten zugänglich: Es gab Schuhe aus feingewebten Stoffen, Gold- und Silberleder, bestickt mit Metallfäden, Strass und bunten Perlen. Kurze Füße galten bereits im Mittelalter in Europa als weibliches Schonheitsideal. Durch Schuhschmuck, dünnere Riemen, höhere Absätze und ausgeschnittene Schäfte wurden die vermehrt entblößten Füße optisch gekürzt zur Schau gestellt. Stiefeletten waren in den 1920er zum Teil so schmal geschnitten, dass frau sich mit Einschlüpfhilfen behelfen musste, die sie, in einer Schatulle verpackt, mitnehmen musste, um die Schuhe auch außerhalb des Hauses ausziehen zu können.

In China war etwa tausend Jahre lang folgende Mode en vogue: Durch Nach-hinten-Schnürung der großen Zehen wurden Mädchen bereits im zartesten Kindesalter durch enge Binden die Füße verkrüppelt. Dieses systematisch propagierte Schönheitsideal (Lotus-Fuß) begann beim Adel durch das Vorbild einer Tänzerin, der Bewunderung und Anerkennung entgegengebracht wurde, und verbreitete sich von dort allmählich in untere Gesellschaftsschichten. Schließlich erreichte die Mode alle außer den niedrigsten Klassen.

Es gab eigentlich drei Gründe für das jahrhundertelange Binden von Mädchenfüßen: Frauen mit verkrüppelten Füßen konnten weder richtig gehen, noch laufen, und so waren sie daran gehindert, sich allzu weit vom Haus zu entfernen. Damit war ihr Gehorsam gegenüber ihren Ehemännern sichergestellt. Adelige Damen demonstrierten mit ihren verkrüppelten Füßen ihren hohen sozialen Stand und die Tatsache, dass sie nicht zu arbeiten brauchten (weshalb diese Mode auch nicht die Schicht der ärmsten Bauern erreichte, die für die Feldarbeit Frauen mit intakten Füßen benötigten). Zum dritten galten die gewaltsam verkleinerten Füße als „erogene Zone“, mit der die Männer spielen konnten (aufgrund der Verwachsungen aber vermutlich eher inklusive Schuhwerk).

Mit Ende des Kaisertums 1912 wurde diese Mode verboten, ihr Ende kam jedoch erst mit der Gleichberechtigung der Frau in der Volksrepublik China, wo sie nun auch arbeiten musste.

Die erotische Komponente spielt auch bei der europäischen Schuhmode eine Rolle. Vom Objekt Fuß abgesehen, wird durch das Tragen von Absätzen in Folge der Erhöhung der Sprunggelenke über den Untergrund, wie auch aufgrund der veränderten Gewichtsverteilung zwischen Vor- und Rückfuß die Körperhaltung verändert. Es kommt zu einer Betonung der Brust und des Gesäßes, die Beine werden gestreckt, wirken verlängert, und durch die notwendigen Bewegungen der Hüften wird der Gang der Frau für den Mann durch wiegendere Bewegungen erotisiert.

Das Tragen hochhackiger Schuhe führt en passant dazu, dass die Frau einen mehr oder minder unsicheren Gang erhält, der sie am Fortlaufen hindert. Es besteht eine erhöhte Gefahr des Umknickens, das Laufen ist nicht auf jedem Untergrund oder bei jeder Untergrundneigung gefahrlos möglich (in Vergewaltigungsszenen in Filmen tragen Frauen fast ausschließlich Stöckelschuhe). Häufiges und längeres Tragen von Schuhen mit hohen Absätzen führt im Laufe der Zeit zu krankhaften Veränderungen des Fußskeletts, zu Muskelüberlastungen und -verkürzungen, Rückenschmerzen, Verschlechterung der Durchblutung der unteren Extremitäten und leistet verschiedenen orthopädischen und gefäßbedingten Krankheitsbildern Vorschub (z.B. Hallux valgus, einer Art europäischem Lotusfuß). Ein Arbeiten in Stöckelschuhen ist nur bei bewegungsarmen Tätigkeiten möglich, bei denen Frau noch auf ihr äußeres Erscheinungsbild achten kann oder muss. So gehören Absatzschuhe zur Sekretärinnen- wie zur Hostessen-Uniform.

Dennoch kaufen Frauen immer wieder Schuhe, in denen es eher eine Qual ist zu gehen als ein Vergnügen. Manche Frauen gehen sogar so weit zu behaupten, dass Schuhkaufen genauso prickelnd sei wie guter Sex. Die Hälfte aller Frauen besitzt mehr als zehn Paar Schuhe, ein Drittel sogar mehr als fünfundzwanzig. Denn während andere Körperteile natürlichen Schwankungen unterworfen sind, die ihren „Marktwert“ i.d.R. schmälern, sind Frauen mit ihren Füßen meist zufrieden, auch weil Schuhe nach Jahren noch immer passen und die Füße genauso gut aussehen lassen wie beim Kauf. Das „Kapital der Frau“, ihr gutes Aussehen, bleibt an den Füßen länger erhalten, weshalb Schuhen von Frauen, deren soziales Kapital maßgeblich von ihrem Aussehen bestimmt wird, ein so hoher Wert beigemessen wird.

Durch hohe Absätze wird auch die Position des Kopfes erhöht, die Frau wird größer, erhält eine neue Perspektive auf die Welt, sie kommt mit Männern, die in der Regel größer gewachsen sind als Frauen, auf Augenhöhe. So stellen Absätze in der Wirtschaft oder Politik ein verbreitetes Mittel (allerdings nicht nur bei Frauen) dar, durch schuherzeugte körperliche Größe äußerliche Ebenbürtigkeit zu erreichen. Schuhe stellen also einen wichtigen Aspekt der weiblichen Selbstwahrnehmung und -darstellung dar.

Mit der modernen Präsentation High-Heels-tragender Frauen wird jedoch vielfach reduziert auf das Signal ihrer erotischen Ausstrahlung ein anderes Frauenbild übermittelt. Wo immer ein weibliches Schönheitsideal präsentiert wird, auf Modeschauen, in Zeitschriften, in Filmen (z.B. Marilyn Monroes berühmte weißes-Kleid-Szene), Musikvideos (Madonna, Kylie Minogue) oder auf dem Straßenstrich ist das Tragen von hohen Absätzen Pflicht. Stets wird zugleich die Anerkennung durch männliche Blicke vermittelt und in das Denkschema mit aufgenommen. Durch die Bewegungs- und Klangkulisse wird die absatztragende Frau selbst zum Blickfang auch für andere Frauen, ihr schwebender Gang beschert ihr Momente wie Aschenputtel auf dem Festball. Stilettos sind in der High Society zum Ballkleid ein Muss. Edles Schuhwerk lässt wie Markenkleidung die Frau scheinbar Teil dieser glitzernden Welt werden. In Malaysia dürfen muslimische Frauen seit Juni 2008 keine Hackenschuhe mehr tragen, „die klappern“, nur hochhackige Schuhe mit Gummisohlen sind erlaubt.

Dass auch im 21. Jahrhundert noch immer viel Wert auf das Aussehen einer Frau gelegt wird statt auf ihre Fähigkeiten, zeigt sich auch an ihrem im Vergleich zum Mann (im relativ emanzipierten Europa) noch immer geringeren Einkommen. Der Ausdruck symbolischer Gewalt, der im Damenschuh zutage tritt, ist dabei nur Teil genereller gesellschaftlich-übermittelter Kleiderordnungen, in denen z.B. Männer in hohen Positionen durch Sakkos mit Schulterpolstern und Carla Brunis an der Seite (welche in persona übrigens Schuhe ohne Absatz favorisiert, da Nicolas Sarkozy nur 1,65 Meter groß ist) Stärke und Macht demonstrieren.

Da der Handlungsspielraum der Frau noch immer als eingeengt wahrgenommen wird, passen sich Frauen den Möglichkeiten der Gestaltung innerhalb dieses Rahmens an. Viele Schuhe zu besitzen entspricht dem Wunsch der Frau nach Verwandlung. Sie ermöglichen es frau, nach Lust und Laune in wechselnde Rollen zu schlüpfen: vom sportlich-unkomplizierten Kumpeltyp in Sportschuhen zur seriösen Businessfrau in Pumps bis hin zur Femme Fatale in High-Heels oder sexy Stiefeln. Die mit dem Schuhwerk verbundenen Assoziationen stehen automatisch im sozialen Rahmen zur Verfügung und werden durch das getragene Schuhwerk nicht hinterfragt, sondern bedient. Die Schuhe formen die Denk- und Sichtweise. Das häufige Wechseln des Schuhwerks kann auch orthopädischen Fehlbildungen vorbeugen.

In China gelang die Überwindung der kulturellen Praktik u.a. durch die Gründung von Elterngruppen, die sich Anfang des 20. Jh. gegenseitig versprachen, weder ihren Töchtern die Füße zu brechen und zu binden, noch ihre Söhne an Frauen mit gebundenen Füßen zu verheiraten. Damit wurden Kollektive mit neuen Verhaltensmustern geschaffen, die von den Eltern als Bezugsgruppen akzeptiert wurden. Ähnliches geschieht in Europa momentan mit dem Symbol des Rauchens, das gesellschaftliche Ächtung erfährt.

Das System dauerhafter und übertragbarer Dispositionen, welche als Erzeugungs- und Ordnungsgrundlage für Praktiken und Vorstellungen dienen, die sich in der Spontanität des Momentes, also ohne Wissen und ohne Bewusstsein in der Praxis eines Menschen offenbaren, wird somit auch an der Nutzung, Präsentation und Verfügbarkeit der Schuhmode in Europa deutlich.

Samstag, 5. Juli 2008

waschzuberregatta

da demonstriert man einen ganzen nachmittag gegen nazis und dann wird man auch noch braun dabei. es wäre natürlich gut, wenn man einfach zu seinem feindbild gehen und ihm den kopf abreißen könnte, wenn es nur zwei wachmänner wären und keine zweitausend. so brennt die sonne einem auf den kopf und immer, wenn wir denken, wir wären den schatten der vergangenheit irgendwie nahe, da sind sie in wirklichkeit breits weitergezogen und schicken einen anwalt. derweil wir mit grammatischen floskeln um uns werfen, aber keine köpfe treffen. wir stehen in zügen auf und deuten mit fingern auf die menschen, die sich stark vorkommen, sich aber nicht wehren können. dann haben wir plötzlich mut, weil eine hundertschaft mitfährt und alles begleitet. wir sitzen den öffentlichen raum aus und warten auf ein gespräch auf augenhöhe, wo wir so oft nichts zu sagen wagten. doch sie fliehen vor uns, man hält sie uns vor, sie verlassen den bahnhof auf der anderen seite. da demonstriert man einen ganzen nachmittag und bekommt nicht eine glatze zu sehen. die glatze brennt auf der anderen seite in der sonne, wird rot, wird immer röter, wie eine brut. das wachs ist in der zwischenzeit längst geschmolzen. doch das wissen sie nicht. die haut wird in ein paar tagen abpellen, darunter wird neue, frische haut erscheinen. die ist dann immer noch braun.

Montag, 30. Juni 2008

nie wieder deutschland

(zitat ende) bei einer ersatzhandlung wird ein unbefriedigtes bedürfnis durch verschiebung des äußeren handlungszieles gestillt. wenn also zb die volksseele die leerstelle einer durch umbruch entstandenen demokratischen führungsschwäche nach jahrhundertelanger unterdrückung durch bedenkenlose einwilligung in militärisch diktarorischen führungsstil füllt, oder eine andere demokratie, deren elterngeneration noch das dankbar knappe halbfinalscheitern eines weltumspannenden, allen genetisch ausgezeichneten bevölkerungsteilen zugute kommenden reiches erlebte, das durch rituale und offen zur schau gestellte gemeinschaftssymbolik den menschen ein gefühl der befreiung von finanzieller und innerer bedeutungslosigkeit vermittelte, das ihnen und ihren kindern und kindeskindern eine feste position in einem gesichterten, durch politische mittel nach osten erweiterten lebensraumes in einer gleichgeschalteten unterschiedslosen arbeitendenklasse aus herrenmenschen ermöglichte, eine demokratie, welche dieses mit der muttermilch vermittelte ideal in der äußerlich harmlosen aber doch mit gleicher verbissenheit geführten totalen kampfeslust in der kollektiven einheit eines kriegshaufens unter einer führerpersönlichkeit in dem wettkampf der länder zur bedeutungsrückgewinnung in einer globalisierten welt zu verwirklichen versucht. wenn nun ein trainer und eine mannschaft, die schlecht spielte, aus diesem verlorenen krieg zurückkehren, in den alle gezogen sind, die bereitwillig fahnenschwenkend und raum und gedanken im öffentlichen raum einnehmend in großen, ritualisierten massenkundgebungen blind den befehlen folgten, die durch spielzüge, erfolgreiche und erfolglose angriffe vorgegeben wurden, und nun diese kriegsheimkehrer mit einem massenauflauf feiern, wie sie in offenen wagen durch die hauptstadt fahren, auf einem balkon stehen und der masse zujubeln, als hätte es guernika nie gegeben, so können wir einen eindruck davon gewinnen, wie das deutsche volk sich nach größe, nach führung, nach bedeutung sehnt, die ihnen dieser adolf löw und sein stab aus hochrangigen dfb-fußballern für die dauer eines zwölf jahre währenden sommermärchens gab, dass sogar die aktuelle politische führung in diesen willfährige diener der selben sache sieht: 79,8 prozent der bevölkerung und das gefühl von macht des einen befehls: jubeln und fahne schwenken und sich als das land wissen, das an die spitze der welt gehört und trotz der bedingungslosen niederlage dort steht, über allen anderen ländern und menschen, über alles auf der welt.

Sonntag, 29. Juni 2008

Der Abend

Schweigt der Menschen laute Lust:
Rauscht die Erde wie in Träumen
Wunderbar mit allen Bäumen,
Was dem Herzen kaum bewusst,
Alte Zeiten, linde Trauer,
Und es schweifen leise Schauer
Wetterleuchtend durch die Brust.

(Joseph Freiherr von Eichendorff)


Einleitung

Das Gedicht „Der Abend“ wurde zuerst im Jahre 1826 ohne Titel im Rahmen von Eichendorffs Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“ veröffentlicht. Den Gedichttitel erhielten die Verse in gedruckter Form erstmals in einer Gedichtsammlung von 1837.
Im Taugenichts taucht es gleich zweimal auf. Zunächst in Kapitel 4, gesungen von Herrn Guido auf dem Balkon eines italienischen Wirtshauses, gesungen mit einer engelsgleichen Stimme in eine Gegend hinein, die von Mondenschein „säuselt und zittert“. Durch die zweiten Verwendung in Kapitel 10 wird das Gedicht in Manier des romantischen „Claire-obscure“-Topos verwendet: Zwei Gestalten gleichen einander, ähneln sich, wodurch sie jedoch ihre wahre Gestalt verbergen, was zu folgenreichen Komplikationen führen kann. In diesem Fall glaubt der Protagonist wieder die Stimme von Herrn Guido zu hören, läuft ihm durch Rosenhecken entgegen, findet sich dann aber an einem Schwanenteich im Abendrot vor seiner Liebsten wieder, usw.


Form des Gedichts

Die sieben Verse dieses volksliedhaften, einstrophigen Gedichts bestehen aus gleichmäßig 4-hebigen Trochäen mit umarmendem Reimschema abbacca, mit drei männlichen Kadenzen und eingefaßten, weiblich endenden Paarreimen, welche insgesamt einen einzigen Satz bilden.

So kunstvoll gefertigt, so ruhig und harmonisch, geradezu wiegenliedhaft das Gedicht durch seine Gestalt auch wirkt, es enthält gleich im erste Vers zwei Widersprüche: Zum einen wird die den Menschen innewohnende Unruhe durch ihre Abwesenheit dargestellt; zum anderen wird das zur folgenden, ruhig-getragenen Abendstimmung Kontrafaktische (d.i. die Hektik der Menschen) durch die einzige auffallende Klangfigur des Gedichts eingefangen: nämlich durch die Darstellung der „laute[n] Lust“1, der einzigen Alliteration im Text, welche inhärent einen klanglichen Kontrapunkt zum eigentlichen Aussagegehalt der Metapher bildet, also einen Widerspruch in sich selbst. Durch diese Besonderheit verbleibt die semantisch-auditive Paradoxie der "laute[n] Lust" über den Grenzzaun, den der Doppelpunkt am Ende des ersten Verses bildet, hinaus, tatsächlich noch wie ein Echo (oder um im Bild zu bleiben: wie ein Wetterleuchten) im Gedächtnis des Lesers haften.

Es werden also gleich zu Beginn Gegensatzpaare aufgestellt, die das Gedicht durchziehen und textintern verzahnen, es hin und her wiegen lassen.

Direkte Gegensatzpaare sind:
Schweigen – Laute Lust [Vers 1]
Menschen – Erde [Verse 1 und 2]
Rauschen der Bäume – kaum bewusst (Träume) [Verse 2 und 3]
Laute Lust – Leise Schauer [Verse 1 und 6]

Erweiterte Oppositionspaare wären:
Erde (Wirklichkeit) – Traum [Vers 2]
Hektik der Menschen – Rauschen der Natur [Verse 1 und 2]
Größe (der Welt) – Vergänglichkeit (des Menschen) [Verse 1 und 7]
Schweigen – Wetterleuchten (in der Brust) [Verse 1 und 7]
Tag – Nacht (im Übergang des Abends) [Vers 1 und Verse 2 bis 7]

Wenn man unter „Abend“ den Zeitabschnitt versteht, der mit der Dämmerung beginnt und fließend in die Nacht übergeht, beschreibt dieses Gedicht jenen Übergang, in dem es noch leicht dämmert, die Dunkelheit aber bereits hereingebrochen ist, erkennbar durch das Wetterleuchten, welches zugleich kennzeichnend für die Jahreszeit des Sommers bzw. Hochsommers stehen kann.

Wie hieraus eine direkte Verbindung zwischen Natur und lyrischem Ich (welches letztendlich auch zur Seite der Menschen gehört) entsteht, ist der kunstvollen Gestaltung des Gedichts zu verdanken.

Gleich im ersten Vers werden die Menschen an der Grenze zur eigentlichen Abendbeschreibung mit dem Doppelpunkt geradezu weggewischt und eine Szenerie gänzlich ohne Menschen geschaffen. Wir blicken auf eine vom Menschen befreite Erde, die von einer wunderbar traumhaften Stimmung gezeichnet wird, in deren Zentrum jedoch nichtsdestotrotz das Herz steht (in Mitte von Vers 4 und somit in der optischen Mitte des Gedichts).
Es sind Vokabeln des Augenblicks und der Dauer: „Rauschen“, „Schauer“, „Schweifen“, „Wetterleuchtend“, welche kurze, schnell vergehende Eindrücke beschreiben und das Gedicht bestimmen (gleich einem Aufblitzen am Horizont), ohne dabei jedoch eine dem Menschen eigene Vergänglichkeit auszustrahlen, sondern im Gegenteil zugleich Raum und Weite (auch zeitliche) evozieren: So rauscht die Erde mit „allen Bäumen“, „Träume“ und „Alte Zeiten“ sind gleichsam bestimmte wie unbestimmte Ausdrücke für etwas nicht Faßbares, Unbegreifliches, Andauerndes, ebenso wie das Wetterleuchten zwar sichtbares Zeichen ist, aber doch hinter dem Horizont in einer unerreichbaren Ferne verbleibt.

Trotz der schwulstigen Stimmung bleibt die Erzählhaltung des Gedichts distanziert, schwebend. Nur Ausdrücke wie „wie in Träumen“ und „wunderbar“ deuten auf das Vorhandensein eines lyrischen Ichs hin. Eine eindeutige Personifizierung erfährt nur „die Erde“, die „mit allen Bäumen“ rauscht. Das Menschliche des Betrachters bleibt innerhalb des Gedichts verborgen, bleibt auf das „Herz“, das genau im Zentrum, also im Herzen des Gedichts steht, und auf die „leise[n] Schauer“ in der Brust beschränkt, also auf die Empfindungen, welche eine direkte, aber „kaum bewußt[e]“ Verbindung mit der Natur eingehen, während die Hektik der Menschen, vor der das lyrische Ich geflohen sein mag, zwar am Rande verbleibt, aber von Anfang an „schweigt“.

Der „lauten Lust“ der Menschen wird die leise Lust des Herzens entgegengesetzt, welches im „kaum bewußten“ eine Kommunikation mit der Natur eingeht und auf der Flucht vor den störenden Einflüssen der Menschen sich selbst begegnet. Doch das lyrische Ich läßt sich nicht benennen, wird gleichsam zu einem kosmischen Ich, das sich in seinem elegisch-lyrischen Tonfall selbst genug ist und die Ruhe der Abendstimmung in sich aufnimmt. Das Schweigen, welches zugleich Ausgangspunkt und Voraussetzung ist, entwickelt sich durch die umfassende Wahrnehmung der Natur, des All-Eins-Seins des lyrischen Ichs mit der gesamten Erde, zu einem wortlosen Rauschen am Gedichtschluß, in der Brust situiert als Endpunkt, als Ziel. Ein Rauschen, welches gleichzeitig ein Geräusch ist und kein Geräusch, eine Aussage und keine Aussage, ein Lärm und (wie das Wetterleuchten) die Negation eines Lärms durch die Unhörbarkeit des Donners. Die meditative Aufhebung der Gedanken in einem gleichmäßigen Strom der Empfindung(en), welche wie die Gedankenformel „Alte Zeiten, linde Trauer“ in Zeile 5 gleichsam etwas bedeutet und doch nichts bedeutet; diese Formel schließlich setzt das lyrische Ich, auch durch die Doppelbedeutung des Wortes „linde“ in „linde Trauer“ (für einerseits 'sich weich anfühlend', 'mild'/'milde' und eben sein Homonym den 'Lindenbaum') mit der Natur gleich, indem es eben so, wie die Natur „wie im Traume“ „mit allen Bäumen“ rauscht.

So steht nicht nur der Abend am Übergang zwischen der Ordnung des Tages, der Vernunft und den gesellschaftlichen Konventionen der lauten Menschen auf der einen, und dem Entfliehen dieser in der Nacht, sondern auch das Herz, durch das diese Eindrücke gleichsam einem rauschenden Flusse von Eindrücken fließt.


Schluss

Bei „Der Abend“ handelt es sich also um ein romantisches Naturgedicht, bei dem von Natur nicht viel die Rede ist. Die Erde, ein paar Bäume (genau genommen alle) und etwas Wetterleuchten reichen aus, das gesamte abendliche Sujet mit den sehnsuchtsvollen Äußerungen des immanenten lyrischen Ichs zu füllen, das sich durch Wertungen und Empfindungen andeutet und doch aus jedem Wort spricht.

Es wird ein Bild am Rande der Nacht entworfen, bei dem sich erst entwickelt, worauf es dem Dichter ankommt, wenn die menschliche Umwelt gänzlich verstummt ist: Innerlichkeit.

Zwar klingt noch „laute Lust“, doch sie ist nicht mehr störend, ein ferner Wiederhall. Das Hektische der Menschen ist bereits so fern, dass es vom lyrischen Ich verklärt und poetisierend in Worte gefaßt werden kann, im Gegensatz zu dem, was in der Natur auf das Herz als Erkenntnis wartet: „Alte Zeiten, linde Trauer“ heißt es da nur. Diese Formel stellt in seiner ellipsenhaften Form eine Bildlichkeit dar, die sich nur schwer entschüsseln läßt, die man 'erfühlen' muss. Die Nostalgie, mit der die Vergangenheit betrachtet wird, verbindet sich kunstvoll mit den schwermütig-lustvollen Träumen des also besänftigten Schmerzes und stellt damit in einem einzigen, unvollständigen Satz dar, was die Thematik des ganzes Gedichtes ist: der Übergang vom Tag zur Nacht, der Abschied vom Licht, der Trost der Dunkelheit, eine Hymne an den Abend.

Der unbefriedigte Füllraum der Ellipse weist von dem im Zentrum der Abendwahrnehmung stehenden Herzen voraus auf die letzten zwei Verse des Gedichts, in denen das lyrische Ich seine Sublimation erfährt. Das Wetterleuchten liegt am Horizont, im Dunkeln, außerhalb des Artikulationsbereiches des lyrischen Ichs wie die unbewußten Träume, und ist doch sichtbar, dem lyrischen Ich in seiner unterschwelligen Trauer und seiner Flucht vor den Menschen und dem Tag ein neues Licht und neue Hoffnung, und in seiner Andeutung eine Ahnung dessen, was als Trost-Spendend begriffen wird:

Dass in der Natur ein verläßliches Gegenüber liegt, das dem Fühlsamen ein undeutlich reflektierender Spiegel geheimer Seelenbewegungen ist, eine Spiegelung, die ebenso zu verwirren wie zu entzücken vermag, und die noch weit über den Horizont des menschlichen Erkennens hinauszureichen imstande ist.

(Viele Interpretatoren fühlen sich berufen, in Anbetracht Eichendorffs verbürgter Christlichkeit diese Verweisstelle mit Gott zu füllen, doch die Transzendenz, mit der die Natur zu sprechen vermag, und die in ihrer schier unvorstellbaren Größe und Gewalt liegt, welche sich sowohl im "Kleinen", in der Zahl der Bäume, als auch im Großen, vor der schieren Unendlichkeit und Macht des Alls (also der Allmacht) äußert, verweist letztendlich nur und einzig zu einer Unbedeutendheit des Menschen und nicht im Umkehrschluß zu einem Verweis auf die Evidenz einer höheren Existenz eines gütigen Gottes.)

Samstag, 28. Juni 2008

bachmann

gerade durch die brüche zum realismus, zb durch die tatortbesichtigung eines einsturzgefährdeten hauses, brachte mich der text zu der überzeugung, dass er (rein) auf einer symbolischen ebene zu lesen sei. die liebe als rettung auf einer drehleiter aus einem brennenden haus zu betrachten, an deren ende das obdachlosenheim droht, ist ein sehr starkes bild für ein bedürfnis, auf einer flucht die fürsorglichen arme eines verständnisvollen feuerwehrmannes zu finden. die sprache der autorin, welche die fürsorgliche liebe aus einem roten meer in ein anderes rotes meer schildert, ganz wunderbar! dass die jury diese ebene nicht las, wundert mich. meine stimme für sudabeh mohafez! danke.

Dienstag, 24. Juni 2008

Das Karussell

Jardin du Luxembourg

Mit einem Dach und seinem Schatten dreht
sich eine kleine Weile der Bestand
von bunten Pferden, alle aus dem Land,
das lange zögert, eh es untergeht.
Zwar manche sind an Wagen angespannt,
doch alle haben Mut in ihren Mienen;
ein böser roter Löwe geht mit ihnen
und dann und wann ein weißer Elefant.

Sogar ein Hirsch ist da, ganz wie im Wald,
nur dass er einen Sattel trägt und drüber
ein kleines blaues Mädchen aufgeschnallt.

Und auf dem Löwen reitet weiß ein Junge
und hält sich mit der kleinen heißen Hand
dieweil der Löwe Zähne zeigt und Zunge.

Und dann und wann ein weißer Elefant.

Und auf den Pferden kommen sie vorüber,
auch Mädchen, helle, diesem Pferdesprunge
fast schon entwachsen; mitten in dem Schwunge
schauen sie auf, irgendwohin, herüber -

Und dann und wann ein weißer Elefant.

Und das geht hin und eilt sich, dass es endet,
und kreist und dreht sich nur und hat kein Ziel.
Ein Rot, ein Grün, ein Grau vorbeigesendet,
ein kleines kaum begonnenes Profil -.
Und manchesmal ein Lächeln, hergewendet,
ein seliges, das blendet und verschwendet
an dieses atemlose blinde Spiel . . .

(Rainer Maria Rilke)




Der weisse Elephant

Einleitung

„Das Karussell“ von Rainer Maria Rilke entstand im Juni 1906 und wurde zuerst 1907 in dem Band „Neue Gedichte“ veröffentlicht. Der Untertitel weist auf den Jardin de Luxembourg hin, einen heute staatlichen Schloßpark im 6. Arrondissement in Paris. Rilke schrieb dieses Gedicht während seines zweiten Paris-Aufenthalts von 1905 bis 1914, während dieser Zeit hat er unter anderem als Sekretär Rodins gearbeitet, eine Tätigkeit, die sein dichterisches Schaffen stark beeinflußt hat, und sich auch in diesem Werk äußert, das Rilkes Dinggedichten zugeordnet werden kann. Inhaltlich konfrontiert es die Perspektive des erwachsenen Betrachters mit der phantasievollen Welt der Kinder, und die Rolle des Dichters, die als ein Vermittler verstanden werden kann.

Form des Gedichts

In dem Gedicht wird in sieben Strophen unterschiedlicher Länge ein Kinderkarussell beschrieben, das sich in einem Park, dem Jardin de Luxembourg, dreht. Gegenstand und Ort werden bereits in der Überschrift geliefert. Die folgende formale Umsetzung spiegelt in künstlerisch herausragender Weise die inhaltliche Ebene wider.

So ist die erste Strophe, in der sich das Karussell noch langsam dreht, die formal längste. In acht Versen mit dem Reimschema A-B-B-A-B-C-C-B wird eine sprachliche, durch den wechselnden Paarreim ansteigende Kreisbewegung initiiert, welche bis zum Ende das Tempo des Gedichts bestimmt. So sind die ersten fünf Verse fünfhebige Jamben mit männlicher Kadenz, während die Verse 6 und 7 weiblich enden, als würden sich die Tiere des Karussells in die Luft heben, bevor mit dem Auftauchen des weißen Elefanten der Wechsel von männlicher und weiblicher Kadenz regelmäßig wird, und die Regelmäßgkeit erst am Ende des Gedichtes wieder durchbrochen wird, als die Geschwindigkeit am größten wird.
Die Drehbewegung wird zunächst durch Enjambements und ab der zweiten Strophe auch vermehrt durch die Wiederholung der Konjunktion „und“ verstärkt.
Während sich die erste Strophe mit dem rein gegenständlichen Objekt des sich drehenden Karussells beschäftigt, erwachen in den Strophen 2 und 3, welche jeweils dreizeilig sind, auch die Kinder auf den Karusselltieren zum Leben, ein blaues Mädchen und ein weißer Junge.

Die Versendung im zehnten Vers bleibt dabei zunächst offen und wird erst in Strophe 5 wieder aufgegriffen. Diese Strophe besteht aus vier Versen, auch als Zeichen, dass es sich bei dem Mädchen um ein älteres, fast schon dem Karussell entwachsenes handelt. Zusammen mit den einrahmenden Versen, die den weißen Elephanten in schneller-werdender Bewegung vor dem Auge des Betrachters entlangziehen lassen, könnte man den Mittelteil des Gedichtes auch zu vier Strophen mit jeweils drei Versen zusammenfassen und das Reimschema A-B-A C-D-C D-E-B B-E-D erhalten, so dass die Reime wie die Köpfe der unterschiedlichen Tiere vorüberziehen.

Die 7. Strophe wendet sich schließlich wieder dem Karussell zu, hebt sich allerdings inhaltlich von dem reinen Dinggedicht ab und einem Lyrischen Ich zu, das zwar verborgen bleibt, dem jedoch Farben „vorbeigesendet“ und ein Lächeln „hergesendet“ werden, und zwar in der selben kreisenden Bewegung, mit welcher das Karussell beschrieben wurde, und mit zunehmender Geschwindigkeit, welche durch die Reihung von Konjunktionen, die Aufzählung der Farben und Bewegungsverben erreicht wird. Das Reimschema A-B-A-B-A-A-B unterstützt diesen Effekt.

Am Ende stehen schließlich drei Punkte, als Zeichen, dass sich das „atemlose blinde Spiel“ über die Grenzen des Gedichts in jenen achten, fehlenden Vers hinaus unendlich fortsetzt.
Sprachliche Form
Auf sprachlicher Ebene wird das Karussell ebenfalls in aller Deutlichkeit präsentiert. Die Pferde, die aus einem Lande kommen, „das lange zögert, eh es untergeht“, beschreibt pointiert den Umstand der optischen Bewegung der Tierfiguren auf der Kreisbahn, die zunächst schnell vorüberziehen und dann scheinbar auf der Stelle stehen, während sie sich nach hinten bewegen, bevor sie schnell hinter dem Karussel verschwinden.

Besonders auffallend ist der weiße Elefant, der in seinem Vers sehr sperrig daherkommt und das Gedicht durch sein wiederholtes Auftauchen sicht- und hörbar gliedert. Zwischen den Pferden, dem Hirsch und dem roten Löwen kommt er auch farblich auffällig daher. Nur der weiße Junge scheint ihm irgendwie zu ähneln; der reitet aber lieber, vertieft in sein Spiel, auf dem roten Löwen, im Gegensatz zu den weiblichen Kinder-
fi­guren aktiv in seine Umgebung eingreifend.
Weiße Elefanten sind in Thailand noch heute heilige Tiere und allein Königen vorbehalten. Auf dem
Ka­russell aber scheinen sie einsam, fast unbeachtet ihre Bahn zu ziehen, fremde Exoten, deren Wert unbekannt bleibt.

Bis hin zur letzten Strophe entsteht ein Gesamtbild aus zunächst additiv aneinandergereihten Details, die einerseits für sich stehen, sich dann aber zu einem Gesamtbild aus Farbimpressionen, Bewegungen, auf­blitzendem Lächeln vermischen. Durch das Einbeziehen eines abseits stehenden Lyrischen Ichs wird die Blickrichtung am Ende schließlich auf die symbolische Ebene gerichtet.

Das Gedicht wird von vier Arten von Menschen bevölkert: dem blauen Mädchen in Strophe 2, das noch „festgeschnallt“ ist, versunken in der Phantasie; dem weißen Junge in Strophe 3, der mit der „heißen Hand“ aktiv in seine Phantasiewelt eingreift; die jungen Mädchen, die eigentlich schon zu alt sind und denen das Abtauchen in die Phantasie-Welt nicht mehr gelingt und die statt dessen aufschauen, „irgendwohin, herüber -“ in die Welt der Erwachsenen; und schließlich dem Lyrischen Ich, das außerhalb des Kreises steht und sieht, wie das Karussell sich dreht, immer schneller, ohne ein Ziel. Leben und Karussell stehen in diesem Zwiespalt zwischen lebendiger Kinderwelt und dem blinden Spiel der Erwachsenen.

Schluss

Das Lyrische Ich erkennt die Welt, außerhalb des Kreislaufes stehend, als Blendwerk, als noch zu formendes, „kaum begonnenes Profil“. Es befindet sich zugleich aber auch innerhalb des atemlosen Spiels, gespiegelt zum einen in dem weißen Elefanten, der wie ein Blatt Papier als Projektionsfläche von herrschaft­lichen Träumen und Sehnsüchten dient, zum anderen auch in dem weißen Jungen, welcher, während der Löwe ihm Angst macht, sich dennoch mit einer Hand festhält. Von den Farben, dem fremden Glück, einem Lächeln geblendet, letztendlich aber nicht getäuscht, bleibt der Dichter jener, der die Welt mit den Augen der Kindheit betrachtet, sie letztendlich durch die Form des Gedichts aber aktiv am Untergehen hindert.

Donnerstag, 19. Juni 2008

bannen

ob es in amerika auch fahrradkuriere gibt, die sich mit wehender landesfahne an ihrem transportrucksack durch den straßenverkehr schlängeln? eine nationalflagge dient immer der abgrenzung. zwei flaggen am auto sind ein unbeladener fahrradträger. sportliche wettkämpfe werden so zu politischen entscheidungen aufgewertet. nationale befindlichkeiten werden von einer unbedeutenen minderheit ausgetragen und von bevölkerungen mit bedeutung aufladen. rollenbilder aus verlierern und gewinnern werden generiert. der autokorso als militärische inbesitznahme der städte. aber vielleicht war jener fahrradkurier, der gestern durch oldenburg radelte, auf seinem drahtesel auch nur auf dem weg aus der schwärze der knechtschaft durch blutige schlachten ins goldene licht der freiheit. schon möglich.

Dienstag, 17. Juni 2008

das runde leder freiheit

als boris jelzin am 23. april 2007 in moskau starb, fragte ich mich sofort: was hat er gewußt? und wem wollte er es erzählen? in italien wird an einem neuen immunitätsgesetz gearbeitet, das verfahren gegen ministerpräsidenten wegen steuerbetrugs, schmiergeldzahlungen und veruntreuung wohl stoppen und die italienische fußballmannschaft bereits zwei wochen vor dem finale zum sieger der EM kühren wird. berlusconi hat die macht über 90 prozent der italienischen medien. der teufel scheißt bekanntlich immer auf den größten haufen. aber ein mulmiges gefühl hätte ich schon, wenn ich als schiedrichter die partie russland gegen schweden pfeifen müßte. unterschiedliche quellen sprechen übereinstimmend von mindestens 200 journalistInnen, die seit 1993 in russland ermordet wurden. seit amtsantritt putins beläuft sich die zahl auf mindestens 13. die zahl der ermordeten schiedsrichter kenne ich nicht. aber eine russische Mannschaft hat vor kurzem erst die champions league gewonnen. der russische staat hat die kontrolle über einen großteil der russischen medien. es ist also anzunehmen, dass europa bald drei europameister gleichzeitig kennen wird.

Montag, 16. Juni 2008

deutschland deutschland

bei der letzten bundestagswahl gab es bereits vor veröffentlichung der ersten hochrechnungen zahlreiche autokorsi in deutschen innenstädten. autos fuhren mit wehenden deutschlandfahnen, aus geöffneten fenstern schrien und jubelten die menschen den passanten zu, die fahrer hupten in einer tour und überall auf den plätzen feierte man das vorhandensein einer freiheitlichen, friedlebenden und funktionierenden demokratie mit der ganzen familie, mit nachbarn und freunden. auch in wahllokalen wurden gefeiert, per public viewing erlebten die menschen unterschiedlicher politischer lager auf großbildleinwänden die nach und nach einlaufenden ergebnisse aus den einzelnen wahlbezirken des landes. der knappe wahlverlauf tat sein übriges, jede aktion wurde kommentiert und bewertet und die spannung brachte bald, trotz der schwierigen wirtschaftlichen lage, in der sich viele menschen nach den hartz IV reformen befanden, die stimmung zum überkochen. überall wurde diskutiert und disputiert, bis spät in die nacht hinein. und auch am nächsten tag war die wahl und die damit verbundenen folgen noch in aller munde. und auch wenn das ergebnis knapp und das spiel schwach war, die menschen würden sich noch lange an diesen abend zurückerinnern.

Freitag, 13. Juni 2008

iren ist menschlich

beim verzehr von lakritze habe ich sogleich den geruch von ammoniak in der nase. komisch, meine ersten euro münzen holte ich am 1. januar 2002 in der stau apotheke. in einem europa der siebenundzwanzig erscheint mir das heute symptomatisch. doch obwohl seitdem alles teurer geworden ist und ich kein interesse an fußball habe, bin ich immer eine überzeugte europäerin geblieben. vielleicht weil ich die menschen liebe und mir keine kriege mehr vorstellen kann, außer denen, die sich um liebe und geld drehen. so sollte werbung verboten werden. wenn marlboro mich mit auf eine reise durch amerika (roadmovie) mitnehmen möchte (nur für raucher), dann klingt das für mich nach einem kostenlosen fünf-sterne aufenthalt in nevada während eines atombombentests. aber auch als multimillionär kann man schon ordentlich falschmeldungen unter die menschen streuen und meinungen manipulieren. das stelle ich mir auch ganz lustig vor. aber ein wort wie paradox stellt den normalen leser ja schon probleme. also nur drei worte in den eu-vertrag: es muss weitergehen. am besten mit ausrufezeichen! das wird immer verstanden. denn wie die emanzipation ist auch europa noch nicht am ziel angekommen. und an den nötigen veränderungen müssen die menschen beteiligt werden, gerade jene, die sich ausgegrenzt fühlen. doch gerade jene haben diese beteiligung nun erst mal wieder vom tisch gefegt, ganz nach dem motto: ich habe hier nichts zu sagen, also will ich auch nicht, dass man mich zu wort kommen läßt. ich lese william butler yeats und möchte den norden irlands irgendwann mit eigenen augen sehen. ich möchte mir ein eigenes bild machen. ich möchte dort so zuhause sein, wie ich in frankreich zuhause bin oder in prag. irgendjemand hat immer ein interesse an irgendetwas. aber ich versuche meine eigenen interesse zu verfolgen, welche sind: frieden, wohlstand und eine intakte natur. zumindest auf dem politisch. ich versuche mir selbstständig eine meinung zu bilden und würde mich freuen, wenn man mich häufiger nach meiner meinung fragen würde. aber einer von siebenundzwanzig will das nicht, weil ein viertel von einem das nicht will. aber mathematik war noch nie meine stärke.

Donnerstag, 5. Juni 2008

Sehr geehrter Herr Koch,

Schämen Sie sich!

Sonntag, 1. Juni 2008

zu meiner person

ich ist bestimmt keine besondere person. doch ich will sie an dieser stelle kurz vorstellen. vorzustellen wäre sie zb. wie ein wassertropfen auf einer heißen herdplatte, so bewege ich mich in alle richtungen, aber ich kehre immer wieder in die mitte zurück. es steht nicht in meinen papieren, aber ich bin gebildet, doch ich kämpfe seit zehn jahren um einen akademischen abschluß. ich bin ökologisch sozial, doch ich habe angst vor der gleichschaltenden doktrin des proletariats. dabei fehlen mir für viele selbstverständlichkeiten zeit und geld, weil mir zeit und geld und freunde fehlen. doch ich will mich nicht beschweren, weil die gesellschaft mir erfolgreich das gefühl vermittelt, für mein eigenes leben selbst verantwortlich zu sein. ich suche nichtsdestotrotz nach gerechtigkeit, doch ich bin mir weiterhin selbst die nächste. ich bin eine frau, doch bei allen vergleichswerten so häßlich, dass ich (wie viele andere) das gefühl habe, in wirklichkeit ein mann zu sein, oder zumindest wie ein mann wahrgenommen zu werden, was mich zu einer selbstbewußten frau macht, ohne selbstbewußt und ohne eine frau zu sein. ich lese viel, doch ich vergesse noch mehr als ich gelesen habe. darum muß ich immer wieder von vorne anfangen zu lesen, um meine eigenen schlüsse zu ziehen. doch ich finde keine struktur, weil ich eine dekonstruktivistin bin. ich bin postmodern, doch romantisch. stets nach vorne gewand, doch irgendein tag in meiner vergangenheit gab mir einst das gefühl, angenommen zu sein und gebraucht zu werden. deshalb bin ich noch immer auf der suche, doch das gefundene ist mir meistens zu wenig. doch so unzufrieden ich auch bin, mit der gesellschaft, der welt, dem leben, das leben ist auch mir eine schönheit.