Sonntag, 10. August 2008

emanzipation jenseits der wechseljahre

«Eine Frau, die als so schön wie Helena gelten will, muss dreißig körperliche Eigenschaften an sich haben: je drei weiße, schwarze, rote, lange, kurze, schwellende, feine, enge, weite und kleine. Weiß seien die Haut, die Zähne und das Haar, schwarz die Augen, die Scham und die Brauen, rot die Lippen, die Wangen und die Fingernägel, lang sei der Körper, das Haar und die Hand, kurz müssen die Zähne, das Ohr und der Fuß sein, ausladend die Brust, das Gesäß und die Augenbrauen, eng die Scham, der Mund und jede straffe Stelle, schwellend der Mund, der Hintern und der Schoß, fein die Finger, das Haar und die Lippen, klein seien die Nase, die Brustwarzen und der Kopf. Da keine oder kaum eine Frau alles das an sich hat, kann keine für wirklich schön gelten und taugt keine etwas.»


sagen wir es mal so: wir müssen alle mal. die einen müssen sterben, die anderen müssen aufs klo. beides sollte uns nicht peinlich sein. ob es ein furzen oder ein plätschern ist. ob es ein stöhnen oder ein ins gras beißen ist. die anatomie des menschen gibt uns wenig raum für improvisationen. neulich konnte ich im zug ein gespräch zwischen zwei männern belauschen. "meine frau ist ein engel." sagte der eine. - "hast du ein glück", sagte der andere, "meine lebt noch."

laut dogma der katholischen kirche sind sämtliche engel geschlechtslos, sie müssen auch nicht scheißen, dennoch werden engelhafte eigenschaften hauptsächlich frauen zugeschrieben. interessant ist, dass engel dennoch durch die bank männliche namen haben. viel spass kommt im himmel nicht damit auf. "i'm as anatomically impaired as a ken doll." sagte einst der metatron. und der erzengel gabriel sagt: "gott ist meine Stärke".

in der kirche gibt es nicht viel raum für frauen. man könnte sagen, es werde viel männliches protzgehabe demonstriert. so ist es immer gut, einen mann im haus zu haben. während die frau bei der menstruation so unrein ist, dass sie sieben tage lang in jedweder beziehung von aller welt gemieden werden muss, wird in der verbindung zwischen vater und sohn blut in mengen vergossen und sogar getrunken. sämtliche vom männlichen differenten eigenschaften der frauen werden von den männlichen göttern repräsentiert. da wird gelitten und beschützt, geschaffen und ernährt. maria bleibt nicht mehr, als eine art asexuelle gebährmaschine am rand zu stehen.

gabriel regiert derweil wieder über das paradies, er sitzt zur linken gottes und ist im gesundheitlichen bereich für die aktivierung und reinigung der ausscheidungsorgane zuständig. gut so. dass gott ihn da in seinem glauben bloß nicht im stich läßt...

in der kunsthalle bremen findet diese art der transzendenten fürsorge im untergeschoß statt. an der treppe, die neben dem eingang hinunterführt, prangt ein symbol, bei dem das toilettenmännchen zweifellos drei zentimeter größer ist als das weibchen. das ist im ersten augenblich nicht verwunderlich. bei den meisten spezies ist das männliche größer und stärker als das weibchen. vor 7000 jahren kam es durch veränderte umweltbedingungen und daraus folgenden vermehrten kriegerischen auseinandersetungen zu einer, das stärkere männliche geschlecht favorisierenden neuordnung der gesellschaften. männliche erbfolge, männliche anführer, männliche kadenzen.

bis heute wird männlichkeit in erster linie mit tapferkeit, rationalität und stärke assoziiert. das symbol für männlich, der runde schild hinter dem ein speer (oder ein phallus mit widerhaken) hervorragt, steht auch für eisen und den kriegsgott mars. wohingegen kupfer ein relativ weiches metall ist, gut formbar und zäh. frauen eben. symbole bedingen einander, sie stellen assoziationsräume zur verfügung, welche gesellschaftlich weitergegeben und unhinterfragt übernommen werden.

nach 7000 jahren läßt sich die indogermanische sprachfamilie an ihren grammatikalischen wurzeln kaum noch ändern. so werden frauen bei männlichen begriffsbezeichnungen einfach mitgedacht und eine sprachliche gleichstellung, von komplizierten schreibungInnen abgesehen, ist auch auf lange sicht nicht zu erwarten. im arabischen wird sogar in der zweiten person singular zwischen männlich und weiblich unterschieden, so heißt es enti für du (frau) und enta für du (mann). eine gedankliche gleichstellung der geschlechter im direkten kontakt ist da ausgeschlossen.

weibliche entitäten werden in der türkei vermehrt in hasemas beim baden gesichtet, also scharia gefällige badekleidung, die nur gesicht, hände und füße frei lassen. an freiheitsliebende europäer gerichtet sagt naciye kaya: „meine kleidung und meine lebensphilosophie werden nicht durch meinen mann, sondern durch den islam bestimmt.“ schön und gut. sie übersieht dabei leider nur, dass ihre religion zwar nicht von ihrem mann, aber von anderen männern, von männlichen propheten und männlichen imamen usw bestimmt wird.

johannes paul II. erklärte 1994 verbindlich, dass die katholische kirche selbstverständlich keinerlei vollmacht besitze, frauen zu priestern zu weihen. auch wenn es in der bibel keinen passus, der dagegen spricht, gibt, wurde ihnen damit nicht nur erneut der zugang zum priesteramt verwehrt, sondern darüberhinaus auch jedwede diskussion über dieses thema generell unterbunden. dabei wären frauen durch ihren gewohnheitsmäßigen umgang mit blut prädestiniert für diese aufgabe. den wein könnten sie statt mit einer oblate mit einem tampon an die gläubigen weiterreichen.

es gibt keine symbolische entsprechung der frau in den kirchlichen zeremonien. sie ist und bleibt die sünderin, die versucherin, welche die männliche schwäche der wollust mit kurzen röcken reizt, weshalb sie sich verstecken muss hinter schwarzen tüchern, dass gerade nur ihre augen unverdeckt bleiben. alternativ kann sie sich auch hinter dem herd verstecken. die deutungshoheit verbleibt in jedem fall beim drei zentimeter größeren mann.

denn wie soll sich der umgang mit dem objekt frau ändern, wenn sogar frauen diese klischees bedienen. so wird johanna hey, eine erfolgreiche geschäftsfrau "allein unter männern" von einer journalisten der faz 2008 knapp charakterisiert, sie zähle zu den "renommiertesten steuerrechtlern des landes. und auch zu den telegensten." während die beschriebene, die beim kommen und gehen hektisch mit den pumps klackere, oft „man“ sage, wenn sie „ich“ meine: „Man hat als Frau objektiv keine Nachteile, solange man keine Kinder hat“, so hey.

also ist doch alles halb so schlimm? als frau muss man sich einfach nur den gegebenheiten anpassen und alles wird gut. den gegebenheiten, der religion, dem mann. drei zentimeter sind immerhin drei zentimeter. am ende bleibt alles beim alten und eine frau, die zwar erfolgreich ist wie ein mann, die keine kinder kriegt, nicht menstruiert usw, aber nicht schön ist, taugt einfach trotzdem nichts. so ist das eben. die regeln machen ja nicht wir. der mann ist drei zentimeter größer, und die frau ist gefälligst schön. so oder so.

Keine Kommentare: