Freitag, 31. Oktober 2008

warum nicht?!

alkohol ist ein nervengift. das ist etwa so, als würde ich spülmittel trinken, nur weil ich einen rausch davon kriege. also nicht, dass man mich jetzt falsch versteht, ich will niemandem raten, spülmittel zu rauchen, nur weil ich davon tierisch high geworden bin. kann man das rausschneiden?! ich meine, es gibt bestimmt leute, die probieren das gleich aus. ich will nicht dafür verantwortlich gemacht werden, nur weil andere die selbstheilungskräfte ihres körpers ausreizen. die birne wegbraten geht leichter mit rohrreiniger oder salzgitter. alles nur, weil es sich ein bißchen wie sex anfühlt und sie offensichtlich nicht genug sex haben. der rausch und die enthemmung als lebensentwurf. das ist meine sache nicht. und außerdem ist sex in der öffentlichkeit unsittlich. mir ja egal, was andere menschen in ihren vier wänden machen. meinetwegen sollen sie morgens um acht anfangen und bis nachts um elf durchsaufen, um dann in einen tiefen dumpfen schlaf zu fallen. und wie man am wochenende und auf jahrmärkten sieht, hält nur die arbeit die menschen davon ab, dies auch zu tun. die rolle der hölle als sittlichkeitswächter hat heute die angst vor dem verlust des arbeitsplatzes eingenommen. die einzige, die letzte stellschraube des gewissens. alkohol macht die birne weich wie gelee, inclusive langzeitfolgen. ich bin da lieber gehemmt. ich hänge da lieber meinen gedanken nach, bis ich meine hemmung ablege, weil ich unter uns bin. du und ich. und dann der moment, an dem wir den ganzen ballast der kultur nicht mehr brauchen. das ist mir droge genug.

Freitag, 24. Oktober 2008

die schönheit ist eine frau

Nur noch eine Stunde bis zu meinem Date – und jetzt das!

Zwei Stunden bin ich durch meine Wohnung gerannt, habe hundert meiner Lieblingsoutfits mit meinen hundert Lieblingsschuhen kombiniert, bis endlich neben allen mir bereits leidlich bekannten Problemzonen auch jene kaschiert war, von der ich erst letzte Woche in einem Frauenmagazin gelesen habe: das Kinn! Stehe seitdem jeden Morgen im Bad, schlage mit zwei Fingern wie eine Bekloppte gegen meinen Hals und hoffe, dass mich niemand beobachtet...

Also noch eine Stunde, denke ich. Ein letzter prüfender Blick auf Heidi. Die steigt irgendwo in einem hippen Vorortviertel von New York zwischen Wolkenkratzern aus einem Taxi, graziös wie eine Grazie, nach einem langen harten Arbeitstag perfekt gestylt. Wie macht sie das bloß?!

Ich trage fast identische Stilettos, ja, lächle eben noch durch meine Ralph-Lauren-Sonnenbrille, fühle mich toll! Auch wenn es in Bremen mal wieder regnet und nach dem Shopping am Wochenende noch ein langer, entbehrungsreicher Monat vor mir liegt. Egal! Ich summe einen Song von Melissa Etheridge, gehe ins Bad, trete vor den Spiegel, und dann das!

Aus dem Spiegel lächeln mir gequält die Schäden eines acht Stunden Tages entgegen: matte Augen, eingefallene Wangen und – sind das etwa erste Anzeichen von Tränensäcken?!

Ich fühle Panik in meinem Bauch aufsteigen. Als wenn der nicht schon groß genug wäre... Dabei sollte doch heutzutage jede Frau alles erreichen können, wenn sie nur will: Merkel fällt mir ein und ... und ... Mist! Aber es gibt schöne Frauen, die etwas erreicht haben, da könnte ich Hunderte aufzählen. Für schöne Frauen ist ja alles leichter!

In meiner Vorstellung bewege ich mit der rechten Hand einen Mauszeiger über den Spiegel. Mit zwei Mausklicks sind die Schluchten unter meinen Augen verschwunden, ich helle meinen Taint zwei Stufen auf, nein, besser drei, entferne die Leberflecke, über die die Jungs in der Grundschule schon gelacht haben, und wo ich schon mal dabei bin, schnell noch mein Kinn, diese "Problemzone für Frauen mittleren Alters", schon ist es runder. Da kann ich meinen Termin beim Chirurgen ja wieder absagen...

Ähm... Musste es diesen Herbst runder oder doch eher symmetrischer sein? Oscar Wilde sagte, Mode sei so unerträglich hässlich, dass wir sie alle Halbjahre ändern müssen. Vielleicht hat mein Busen ja dann im Frühjahr schon die richtige Größe... Ich schaue auf die Uhr. Eine halbe Stunde – ich muss mit den Phantastereien aufhören!

Wie ein Malermeister in einem Altbau mit Stuckverzierung trage ich in meinem Gesicht Schicht um Schicht Farbe auf. Zuerst den Concealer, dabei bemerken: Auch schon lange nicht mehr bei der Microdermabrasion gewesen... Schnell Puder und Rouge... Etwas mehr Farbe an den Augen heute, diese Augenringe – bringe Lidstrich und -schatten in farblichen Einklang mit meinem Rock. Fast bin ich wieder sechszehn, meinem damaligen Vorbild Claudia Schiffer nacheifernd. Als die zu alt wurde, wurde sie durch ein jüngeres Vorbild ersetzt. Jetzt erst fällt mir auf, dass das die Sache nicht gerade einfacher macht...

Was für einen Bauch die Heidi trotz ihrer drei Kinder noch hat. So einen Bauch hatte ich nicht mal, als ich selbst noch ein Kind war... Dafür habe ich mehr Erfahrung im Malen als ein Malermeister mit 30 Jahren Berufserfahrung... Aber besser als den ganzen Tag zu stricken. Weder mein Date, noch mein Chef würden das bemerken. Wenn ich hingegen umwerfend aussehe...

Argh! Die Falten zwischen meinen Augenbrauen bringen mich zur Verzweiflung! Immer wenn man mal Botox im Haus braucht, ist gerade keines da.

Mein Date wartete bestimmt schon. Er braucht sich nicht drei Stunden vorm Spiegel, um Humor zu proben... Männer – wenn sie schön sind, sind sie entweder vergeben oder fliegen als Astronauten gerade zum Uranus. Naja, hauptsache sie sind so reinlich, dass sie einmal am Tag das Wort 'duschen' zumindest ansatzweise denken, denke ich. Im Grund wird ein Mann doch erst richtig attraktiv, wenn er sich drei Tage nicht rasiert oder gewaschen hat, denke ich. Das ist wie mit altem Käse, der an Charakter gewinnt. Differenz nennt man das heute. Die Schöne und das Biest. Das Phantom und die Oper. Edmund und Karin Stoiber. Oder umgekehrt.

Oh, so spät schon!

Ich haste so schnell die Stilettos es zulassen die Treppe hinunter, nehme ein Taxi, bitte den Fahrer gleich, er möge doch etwas schneller fahren... Er schaut mich von oben bis unten an und schnauft dann: "Immer schön langsam mit den alten Pferden". Dann fährt er los, so langsam, dass ich in der Zeit zwölf mal auf meine Uhr schaue. Heidi Klum wäre das nicht passiert...

Sonntag, 19. Oktober 2008

geldungssüchtig

"Verfüge nie über Geld, ehe du es hast." - Thomas Jefferson (1743-1826)

in letzter zeit ist viel von schmetterlingen die rede. die leben im land der unbezahlten kredite und fressen die grünen baumwollfäden aus den geldscheinen, so heißt es. seitdem herrscht chaos bei jenen, die dieses geld ernten wollten. davor hat großmutter uns immer gewarnt. wer den pfennig nicht ehrt, hat sie gesagt, die große depression ist für sie noch mehr als ein besuch beim psychiater, und wir haben den nötig, weil wir schon bei der t-aktie nicht gemerkt haben, dass da irgendetwas faul ist. aber der krug geht eben so lange zum brunnen, bis er bricht. aus pfennig wurde cent und aus dem dollar ein taler der tränen, und für das geld, das nun in zwei wochen vernichtet wurde, muss großmutter eine ganze weile stricken. doch während wir hier hektisch anteile verkaufen und dort fondanteile streichen, bleibt sie ganz ruhig. geld macht nicht glücklich, sagt großmutter entspannt in ihrem schaukelstuhl. aber warum sonst bürgt der staat für das ersparte der bürger mit jenem geld, das die bürger nicht gespart haben? fragen wir. da weiß oma auch keine antwort. und in unseren träumen besteht frankfurt plötzlich nur noch aus kartenhäusern und die straßen sind voller schmetterlinge. ganz schöner sturm da draußen! großmutter aber liegt ruhig in ihrem bett, ertastet ihren sparstrumpf unter der matraze und träumt von all den schönen sachen, die sie sich eines tages davon kaufen wird.

Dienstag, 14. Oktober 2008

ich merke, dass ich wieder vermehrt zeit auf dem klo verbringe (friederike schreibt, es wäre wie das auspressen einer sehr harten zitrone), doch bei mir ist es der einzige ort, an dem ich in ruhe die letzten ausgaben der zeit lesen kann. in meiner wohnung finde ich überall zeit und ort für kultur, da ich kultur als den eigentlichen progress der humanistischen evolution betrachte (sic!), ist . dabei habe ich mich gefragt, ob die entstehung des desinteresses zum medium fernsehen den exodus der kultur aus diesem medium begründete oder ihm folgte. wenn ehrenpreisträgern des mediums fernsehen erst während der preisverleihung auffällt, dass der preis von sendern verliehen wird, die man schon seit jahren bewußt nicht mehr schaut, was ist dann passiert? kultur, im sinne von hochkultur, war schon immer ein fall für den elfenbeinturm. kanonbildung erfolgt unter ausschluß der öffentlichkeit, vor allem unter ausschluß des zeitgeistes, da herausragendes nur unter einbeziehung des faktors zeit im vergleich zu anderen werken seiner zeit heraussticht. die nutzbarmachung neuer medien erfolgt unter ausschluß jener alten mediennutzer, die alten medien mehr nutzen und kultur zusprechen können. neue medien bieten so, in verbindung mit den mechanismen der marktforschung, allein raum für die jugendkultur. auf die frage : muss fernsehen kultur haben? kann also einfach die antwort folgen, dass selbstverständlich der jugend ein forum gegeben wird. das problem ist nur : der geist wächst an seinen aufgaben. wenn die verantwortlichen das fernsehen als medium des abschaltens begreifen,

Samstag, 11. Oktober 2008

haiderdaus

es wäre natürlich schön gewesen, wenn die österreicher sie abgewählt hätten... aber damit kann ich auch leben.

die blanko-diktatur (war bankophil)

wenn ich einer bank geld schulde, und diese bank geht bankrott, dann geht mein kredit an den insolvenzverwalter über und ich bin so arm wie zuvor. aber wenn die bank mir geld schuldet, ich also große summen angelegt habe oder auch kleine, und irgendein franzl macht dann in luftige hypotheken und alle erdnüsse sind futsch (sagt herr verarschermann), dann kann ich durch die bank sagen, da komme ich mir doch ein wenig verarscht vor. in fünfzig jahren gibt es keinen einzigen (eßbaren) fisch mehr in den weltmeeren. eine 700 milliarden spritze zur rettung der weltmeere oder des klimas? nein, alles worum bankmanager und wallstreetgrößen fürchten müssen, sind ihre jobs. was letzthin kein problem ist, da sie ihr geld vermutlich in sparbüchern angelegt haben. statt manager und bankangestellte mit persönlichem reichtum haften zu lassen, verpflichten sich die g7 länder selbstverständlich staatliches kapital in ausreichender menge zur verfügung zu stellen. das ist schön, vor allem da der staat ja überhaupt kein eigenes kapital erwirtschaftet. oder haftet nun herr steinbrück mit seinem persönlichen kapital?
am ende kann ich nur froh sein, dass ich nichts habe. dass ich seit jahren kein geld habe und auch in jahren noch kein geld haben werde. banken interessieren mich null. mich interessieren die weltmeere, in denen wir bald alle nur noch kleine fische sind.